Ex-Außenminister Israels: Der Sieger des Ukraine-Krieges ist bisher die US-Militärindustrie
Die amerikanische Rüstungsindustrie kann sich schon einmal die Hände reiben: Sie verdient ein Vermögen am Krieg in der Ukraine. Das sagt Schlomo Ben-Ami (79). Er war Israels Außen- und Sicherheitsminister unter Ministerpräsident Ehud Barak.
Zumindest ein Sieger des bisherigen Ukraine-Krieges steht nach Ansicht des ehemaligen israelischen Außenministers Schlomo Ben-Ami scho fest: Die amerikanische Rüstungsindustrie. “Jahrzehntelang haben US-Rüstungsunternehmen von langwierigen Kriegen und langfristigen Militärbündnissen profitiert”, unterstreicht er in einem Beitrag für “Project Syndicate”. “Angesichts der bevorstehenden NATO-Erweiterung und der Tatsache, dass die europäischen Länder ihre Verteidigungshaushalte aufstocken wollen, scheint der Krieg in der Ukraine ein weiterer Segen für die amerikanische Rüstungsindustrie zu sein.”
Präsident Eisenhower warnte vor dem Einfluss des US-Militär-Komplexes
Dabei hätten sogar vergangene US-Präsidenten vor dem Einfluss dieser mächtigsten Lobby in den USA gewarnt: “Seit Jahrzehnten bestimmt die Rüstungsindustrie im Verborgenen die Außenpolitik der USA – einschließlich ihrer unnötigen Kriege”, schreibt Ben-Ami. “US-Präsident Dwight Eisenhower warnte genau davor in seiner Abschiedsrede 1961: ‘Die Aneignung von ungerechtfertigtem Einfluss’ durch Amerikas ‘immenses militärisches Establishment und eine große Rüstungsindustrie’ könnte zu ‘dem verhängnisvollen Aufstieg einer fehlgeleiteten Macht’ führen.
Schon jetzt sieht der ehemalige Außenminister mehrere Erfolge für amerikanische Waffenproduzenten. “Kurzfristig ist es die US-Rüstungsindustrie, die am meisten von den europäischen Rüstungsausgaben profitieren wird. So hat das US-Außenministerium kürzlich den Verkauf von F-35-Kampfjets im Wert von 8,4 Milliarden Dollar an Deutschland genehmigt. Und für die Regierungen in Mittel- und Osteuropa war der Kauf amerikanischer Waffen schon immer der beste Weg, um den Schutz der USA zu gewährleisten.”
Der Vorsprung der USA ist in den kommenden Jahren uneinholbar
Der europäische Kontinent stehe nun vor erheblichen Herausforderungen: “Das Streben Europas nach strategischer Autonomie wird ein langer Weg sein. Die USA haben im Verhältnis zu ihrem Verteidigungshaushalt sechsmal so viel für Forschung und Technologie ausgegeben wie die europäischen Länder.” An dieser Vormachtstellung werde sich so schnell nichts ändern. “Dank der Großzügigkeit des Kongresses, der Anfang dieses Jahres den US-Verteidigungshaushalt um 9 Prozent auf ein Rekordniveau von mehr als 800 Milliarden Dollar erhöhte, ist der amerikanischen Rüstungsindustrie so gut wie garantiert, dass sie ihren technologischen Vorsprung noch viele Jahre lang halten kann.”
Für die Zukunft könnte das noch unheilvolle Folgen haben. “Es ist auch klar, dass die USA, wenn es ihnen nicht gelingt, den Einfluss des riesigen militärisch-industriellen Komplexes auf ihre Außenpolitik einzuschränken, in viele weitere bewaffnete Konflikte verwickelt werden, von denen nicht alle so leicht zu rechtfertigen sind wie der Krieg in der Ukraine.”
Vielbeachtete Bücher über den Nahostkonflikt
Schlomo Ben Ami lehrte zunächst Geschichte an der Universität Tel Aviv, war dann israelischer Botschafter in Spanien und 1996 in die Knesset gewählt. Als die Arbeitspartei unter Ehud Barak 1999 die Regierung übernahm, wurde Ben Ami Minister für öffentliche Sicherheit, später wurde er auch Außenminister. Nach seinem Rückzug aus der Politik schrieb er vielbeachtete Bücher über den Nahostkonflikt. Er ist Vizepräsident des Toledo International Centre for Peace .
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