Ex-Schmid-Anwalt zu Kurz-Prozess: Gericht hat „nicht richtig beurteilt“
Der Kurz-Prozess sei einzigartig, allein schon wegen seiner Dauer, das Strafausmaß sei hoch, sagt Top-Anwalt Thomas Kralik. Dass es bei einer anderen, unbekannten Person ebenfalls zu einer Anklage gekommen wäre, bezweifelt er. Überdies habe der Ex-Kanzler gute Chancen mit seiner Berufung, da das Gericht einen Fehler gemacht habe.
Thomas Kralik, der ehemalige Anwalt von Thomas Schmid, dem Hauptzeugen gegen Sebastian Kurz, sieht das Strafausmaß gegen Sebastian Kurz im „oberen Bereich“: „Üblich sind zwischen vier und sechs Monate bei einem unbescholtenen Ersttäter“, sagt er gegenüber Puls 24 Anchor Wolfgang Schiefer. Kurz hat acht Monate bedingt erhalten.
Überdies hält er das Vorgehen der ermittelnden Behörden gegen den Ex-Kanzler für höchst ungewöhnlich, und sieht gute Erfolgsaussichten für Kurz in der zweiten Instanz.
Verfahren wegen falscher Zeugenaussage normalerweise nicht annähernd so lange
Beispiellos sei das Gerichtsverfahren angesichts seiner Dauer und seines Umfangs: „Dieser Prozess ist sicher in der Geschichte einzigartig“, unterstreicht Kralik. „Ein durchschnittliches Verfahren wegen falscher Zeugenaussage hat keinen Strafantrag mit einem Ausmaß von mehr als 100 Seiten plus zwölf Verhandlungstagen und zig Zeugen. Das ist für ein Verfahren wegen Falschaussage schon außergewöhnlich. Ob es ein politisches Motiv dafür gibt, kann ich nicht beurteilen.“
In der Vergangenheit habe es schon „deutlichere falsche Aussagen“ gegeben, „wo die Staatsanwaltschaft die Verfahren eingestellt hat, weil sie gesagt hat: Er kann sich nicht erinnern.“ Thomas Kralik vermutet, dass hier die Person Sebastian Kurz eine Rolle gespielt haben dürfte: „Ich weiß nicht, ob es auch zu einer Anklage gekommen wäre, wenn es der Herr Maier gewesen wäre.“
Kralik: Beim Aussagenotstand hat das Gericht einen Fehler gemacht
Um das Urteil anzufechten und aufzuheben, brauche Kurz eine „erfolgreiche Nichtigkeitsberufung“. Kralik sieht hier gute Erfolgsaussichten für Kurz, weil das Gericht seiner Meinung nach einen Fehler begangen hat: „Ich glaube, dass er da ganz gute Chancen hat, nämlich in Hinblick auf den Aussagenotstand, wo ich der Ansicht bin, dass das nicht richtig beurteilt worden ist vom Gericht.“ Der Grund: „Weil es einen eigenen Aussagenotstand für Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss gibt, der ist viel, viel weiter gefasst ist und nicht so eng wie der normale Aussagenotstand. Den hätte man ihm zuerkennen müssen.“
Zum Umstand, dass der Richter zwar die Aussagen von Thomas Schmid für glaubwürdig hielt, aber nicht die von Sebastian Kurz und unzähligen anderen Zeugen, darunter die befragten ÖBAG-Aufsichtsräte, meinte Kralik: „Die Beweiswürdigung ist ein entscheidender Faktor. Das ist immer eine sehr subjektive Sache des Richters. Der hört sich sämtliche Zeugen an und sagt dann nach seinem Empfinden: Wer hat die Wahrheit gesagt, und wer nicht.“ Wenn der Richter jetzt sagt, Thomas Schmid habe die Wahrheit gesagt, dann werde er seine Gründe haben.
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