Exit Poll: Sozialisten gewinnen in Albanien - eine Alleinregierung geht sich aber wohl nicht mehr aus
Die seit acht Jahren in Albanien regierenden Sozialisten (PS) haben die Parlamentswahl vom Sonntag gewonnen. Das ergab eine Befragung von Wählern nach der Stimmabgabe. Laut der Exit Poll des TV-Senders Top Channel kommt die PS auf 46,9 Prozent der Stimmen, das oppositionelle Wahlbündnis um die Demokraten (PD) auf 43,5 Prozent.
Die Sozialistische Integrationsbewegung (LSI) der Ehefrau von Staatspräsident Ilir Meta, Monika Kryemadhi, schaffte demnach 6,9 Prozent.
Wenn PD und LSI kein Anti-PS-Bündnis schmieden steht Ministerpräsident Edi Rama damit vor einer dritten Amtszeit in Folge. Die vorangegangene Legislaturperiode sowie der Wahlkampf waren einmal mehr von großen Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition geprägt. Beobachter erwarten, dass die Opposition den erneuten Sieg der PS nicht ohne Weiteres anerkennen könnte.
Das kleine Balkanland ist politisch tief gespalten, die verfeindeten Lager sprechen einander die Daseinsberechtigung ab. Die Opposition, angeführt von PD-Chef Lulzim Basha, wirft Rama Wahlbetrug, Korruption und Verstrickung in die Organisierte Kriminalität vor. Sie organisierte Massenproteste und boykottierte das Parlament. Am Mittwoch vor der Wahl kam bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten beider Lager in der Stadt Elbasan ein Mann ums Leben, vier weitere wurden verletzt.
In den 1990ern stalinistische Diktatur
Ihre Teilnahme der Opposition an der Parlamentswahl verdankt sich einem seltenen Kompromiss zwischen den beiden Lagern, der zu einer Reform des Wahlrechts führte. Diese soll durch den Einsatz von Techniken wie der biometrischen Wähleridentifizierung dafür sorgen, dass Wahlbetrug und Stimmenkauf zurückgedrängt werden. Bei den Verhandlungen hatten Diplomaten der EU und der USA intensiv vermittelt. Die Kommunalwahlen 2019 hatte die Opposition boykottiert.
Albanien war bis Anfang der 1990er Jahre eine stalinistische, vom Rest der Welt weitgehende isolierte Diktatur. Seitdem hat sich das Land grundlegend verändert, pluralistische und marktwirtschaftliche Verhältnisse hielten Einzug. 2009 wurde es NATO-Mitglied. Für den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen erteilten die Staats- und Regierungschefs der Union im Vorjahr Grünes Licht.
Zugleich erschweren eine ineffiziente Verwaltung, Korruption und eine hohe Abwanderung das Leben der Bürger. Rama, der immer wieder Verbesserungen verspricht, neigt zu einem autoritären Regierungsstil. Wahlprogramme legten weder seine Sozialisten noch die Oppositionsparteien vor. (APA/red)
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