Fall Zadic: Fünf Plagiatsjäger prüfen ihre Doktorarbeit jetzt komplett
Eine neue Taskforce wird den gesamten Text der Justizministerin bis hin zu den Literaturangaben einer Prüfung unterziehen. Es geht um Plagiate. Hat Alma Zadic in ihrer Arbeit ganz einfach englische Texte übernommen?
Nun kann man nicht mehr zur Tagesordnung übergehen. Es braucht Klarheit, zu gravierend sind die bisherigen Entdeckungen in der Dissertation von Justizministerin Alma Zadic (Grüne): Fünf Top-Experten werden alle Stellen der Arbeit durchforsten, Wort für Wort, Satz für Satz, Seite für Seite. In drei Wochen werden die Plagiatsprüfer ihr Ergebnis vorlegen. Auch die Literaturangaben der Doktorarbeit werden auf ihre Korrektheit überprüft.
Todesdrohungen gegen Plagiatsprüfer
Die bisherigen Enthüllungen des eXXpress sorgten bereits für Empörung unter Rechtswissenschaftlern, doch halten sich fast alle bedeckt. Der Fall muss noch gründlich durchleuchtet werden. Klar ist nur so viel: Zentrale Passagen in der Doktorarbeit der Justizministerin sind offensichtlich ein Plagiat. Mittlerweile wurden schon weitere Stellen ausfindig gemacht, doch der eXXpress wartet mit Enthüllungen vorerst ab, bis die Plagiatsjäger zu einem Ergebnis gelangt sind.
Was bedenklich stimmt: Alle Prüfer wollen anonym bleiben. Der Druck ist groß. Einzelne haben schon Morddrohungen erhalten.
Fakt ist: Österreich hat ein Universitätsgesetz, und das ist im Hinblick auf Plagiate klar formuliert. Und: Niemand steht über dem Gesetz, unabhängig von Amt und politischer Zugehörigkeit, auch nicht eine grüne Justizministerin.
Plagiatsprüferin wird skeptisch – und fündig
Alles beginnt im Vorjahr. Die Plagiatsprüferin Katharina Renner beobachtet “Ausdrucksschwierigkeiten der Justizministerin bei manchen Pressekonferenzen”. Was sie danach irritiert: Eine erste Untersuchung der Doktorarbeit scheitert daran, dass diese für die Plagiatssoftware der Uni Wien gesperrt ist. Renner beginnt ihre eigene Untersuchung und stößt auf 85 nicht gekennzeichnete Zitate. Es war die “zweitschlechteste Arbeit”, die sie je studiert hat, befindet sie.
Der österreichweit bekannte Plagiatsprüfer Stefan Weber sieht “systematisch falsches Zitieren”, sein deutscher Kollege, der renommierte Plagiatsexperte und langjährige Dekan an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Manuel Theisen spricht “bei strenger formaler Betrachtung” von “Textplagiaten”.
Ein neuer Fund verleiht der Causa eine neue Dimension
Der eXXpress stößt in der Folge auf eine wissenschaftliche Arbeit des US-Rechtswissenschaftlers William W. Burke-White. Offensichtlich war Burke-White neun Jahre vor Zadic zu denselben Schlussfolgerungen gelangt. Mit den neuen Entdeckungen konfrontiert befindet Stefan Weber: Bei jedem der drei Schlüsse, die Zadic aus ihren Ausführungen zieht, handelt es sich um ein Ideen-Plagiat (nur einmal deutet eine Fußnote die Quelle an, unter Angabe der falschen Seitenzahl), darüber hinaus entdeckt der Medienwissenschaftler drei weitere Textplagiate am Ende.
Weber ändert seine Einschätzung: “Das sind nun Funde einer neuen Qualität und klare Text- und Ideenplagiate nach dem Universitätsgesetz.” Ein anonym bleibender Rechtswissenschaftler ist empört: “Ein Plagiat bei der Conclusio ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Das wäre ein Affront gegenüber der Universität und der Wissenschaft. Das entwertet das gesamte wissenschaftliche Arbeiten. In diesem Fall muss die Universität handeln. Das geht über die ‚Normalfälle‘ schlechter wissenschaftlicher Praxis hinaus. So etwas ist mir noch nie untergekommen.”
Das Fazit sollte die Fragestellung selbständig beantworten
Die zuletzt entdeckten Plagiate sind bisher am gravierendsten: Hier geht es nicht um das Vorwort, die Einleitung oder um einen Exkurs rund um einen Nebenaspekt. Hier geht es um den Schlussteil – auch Fazit genannt – der die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammenfasst. Die Fragestellungen sollen beantwortet werden und der Doktorand zeigen: Er ist in der Lage, selbstständig Schlussfolgerungen aus seinen Ausführungen zu ziehen. Mit diesem Teil steht und fällt der Sinn einer Doktorarbeit. Der Student zeigt – in den Worten der Uni Wien – “dass sie*er selbstständig wissenschaftliche Fragestellungen bewältigen kann.” Und: “Die Dissertation muss im Regelfall neue Erkenntnisse zu dem gewählten Gegenstand enthalten und methodisch einwandfrei sein.”
Bisher ist die Uni Wien zumindest nach außen hin nicht aktiv geworden. Eine Doktorarbeit, deren zentraler Schlussteil ein Plagiat ist, kann aber keiner Universität egal sein – im Interesse ihres Rufs, im Interesse der Wissenschaft, im Interesse des akademischen Nachwuchses. Der eXXpress bleibt dran.
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