
Familiennachzug: Kanzler Stockers "Sofort ist jetzt" ist doch nicht jetzt
Gestern hatte Kanzler Christian Stocker (ÖVP) vollmundig einen “sofortigen” Stopp des Familiennachzugs angekündigt – dem ist doch nicht so.

Was den Stopp des Familiennachzugs angeht, hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) heute erklärt, erst Brüssel informieren zu wollen, ehe konkrete Schritte gesetzt werden. Mit anderen Worten, will er sich mit den EU-Innenministern und der EU-Kommission kurzschließen.
Wie der “Standard” berichtet, verschickte Karner heute Mittag “per Mail” Informationen über die einschlägigen Pläne der neuen Regierung. Am Mittwoch will Karner EU-Kommissar Magnus Brunner (ehemals Finanzminister der schwarz-grünen Regierung) in Brüssel über das Vorhaben Österreichs informieren, den Familiennachzug zu stoppen.
Laut “Standard” werden die detaillierten Regelungen des Stopps “gerade im Innenministerium erstellt”. Grundlage sei die “massive” Belastung des Bildungssystems durch tausende neu nach Österreich gekommene Kinder. Dies betonte auch Kanzler Christian Stocker heute in einem Interview mit dem “Ö1 Mittagsjournal”, insbesondere in Bezug auf die Schulen in Wien.
Zum Zweck wolle die Regierung “Artikel 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (EUV) in Anspruch nehmen und den Familiennachzug aussetzen”.

Sofort - ist nicht jetzt
Wann genau in Österreich mit einer Verordnung in Sachen Familiennachzug zu rechnen ist, ist allerdings offen. Ein Karner-Sprecher sagte gegenüber dem “Standard”, die Regelung werde “parallel zur Information der EU” erstellt.
Es werde sich um eine “Quotenregelung mit einer Nullquote zu Beginn” handeln. Dieses Vorgehen läuft indes dem “sofortigen” Stopp zuwider, von dem Stocker gestern im Dreiergespräch mit dem ORF gesprochen hatte (Christian Stocker (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) wurden u.a. von Armin Wolf Interviewt). Stocker bekräftigte seine Aussage sogar noch: “Sofort ist jetzt.”
Unterdessen meldeten auch Organisationen wie Amnesty International ihre Zweifel in puncto Umsetzung des Familiennachzug-Stopps an. Die Expertin für Asyl und Migration bei Amnesty International Österreich, Aimée Stuflesser, etwa wies auf einen “klaren Verstoß gegen internationale menschenrechtliche Standards” hin. Die Trennung von Familien verursache “unermessliches Leid” und gefährde die Integration geflüchteter Menschen, so Stuflesser.
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