Finanzloch im ORF-Budget: Stiftungsrat warnt vor 2024, Lage "sehr ernst"
Die letzte ORF-Stiftungsratssitzung des Jahres ist am Donnerstag ganz im Zeichen der Finanzen gestanden, nachdem ORF-Chef Roland Weißmann vergangene Woche vor der “größten Finanzierungskrise” des öffentlich-rechtlichen Medienhauses ab 2024 gewarnt hatte.
Das Budget für 2023 soll mit einem Ergebnis von 0,3 Millionen Euro noch ausgeglichen ausfallen und wurde von den Stiftungsräten einstimmig beschlossen. Die Umsatzerlöse sollen dabei mit 1,025 Milliarden Euro etwas höher als 2022 (zirka 998 Millionen Euro geplant) ausfallen. Das per GIS-Gebühr eingehobene Programmentgelt soll rund 676 Millionen Euro davon ausmachen, die Werbeerlöse ca. 218 Millionen Euro und sonstige Umsatzerlöse ca. 131 Millionen Euro.
ORF als Partner von Film- und Musikwirtschaft: Die Finanzen gehen aus
Der ORF befinde sich in herausfordernden Zeiten, stellte Weißmann im Anschluss an die Sitzung vor Medien fest. “Man muss sich die Frage stellen: Was ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk wert?” Er selbst wolle den ORF etwa als Partner der Film-, Musik- und Kreativwirtschaft erhalten und dem Publikum weiterhin das bestmögliche Programm liefern. Doch gleichzeitig könne man nicht mehr ausgeben, als an finanziellen Mitteln vorhanden sei, so Weißmann. “Was wir an finanziellen Mittel bekommen, bleibt abzuwarten. Wir kämpfen aber für eine ausreichende Finanzierung”, betonte er.
Inflation belastet das ORF-Budget
Hintergrund für die angespannte finanzielle Lage des ORF ist einerseits die starke Teuerung, die das heuer in Kraft getretene Gebührenplus von acht Prozent bereits im ersten Jahr der fünfjährigen Gebührenperiode übertreffen und in Kombination mit weiteren Faktoren wie GIS-Abmeldungen zu hohen Millionenverlusten ab 2024 führen dürfte. Andererseits muss der Gesetzgeber nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach künftig auch für das Streamen von ORF-Programm Gebühren zu entrichten sind, die ORF-Finanzierung auf neue Beine stellen. Im Raum steht eine etwa auf Geräte wie Laptops erweiterte GIS, eine Haushaltsabgabe oder eine Finanzierung aus dem Bundesbudget. Der Gesetzgeber hat sich diesbezüglich noch nicht festgelegt.
Warten auf die Politik
“Am Ende des Tages werden wir alle Entscheidungen akzeptieren und entsprechend handeln”, wollte sich Weißmann nicht auf ein präferiertes Modell festlegen. Er zeigte sich weiterhin zuversichtlich, dass der Gesetzgeber rechtzeitig eine Lösung liefern werde. “Wir wären aber schlechte Kaufleute, ohne Plan B in der Tasche”, sagte der ORF-Chef.
ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl sprach von einer “sehr ernsten” Lage für das öffentlich-rechtliche Medienhaus. Man brauche Möglichkeiten, um zu investieren und das Publikum zu erreichen.
SPÖ plüdiert für GIS-neu als Notfallplan
Auch Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-“Freundeskreises” im ORF-Stiftungsrat, erhofft sich eine künftige Budgetierung in Höhe von zirka 740 Millionen Euro pro Jahr und damit rund 80 Millionen Euro mehr als heuer. Lederer plädierte dafür, alle drei künftigen Finanzierungsvarianten – GIS-neu, Bundesbudgetfinanzierung, Haushaltsabgabe – “am Leben zu erhalten”. Als Notfallplan müsse aber eine GIS-neu ausgearbeitet werden.
Die 35 Stiftungsräte beschlossen zudem die Jahressendeschemata für 2023 einstimmig. Laut Lockl weisen diese wenig Veränderung auf.
Kommentare