Im Hohen Haus fand am Mittwochvormittag eine Veranstaltung der besonderen Art statt. Politiker aller im Nationalrat vertretener Parteien kamen zusammen – nicht um zu streiten, zu debattieren, sondern um sich zu besinnen und das Gemeinsame zu suchen, in diesem Fall: vereint vor Gott für den Frieden zu bitten.

Das Motto des 8. Internationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks, das im Elise-Richter-Saals des Hohen Hauses stattfand, könnte aktueller nicht sein: „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“. Das sagte Jesus vor über 2000 Jahren und ist im Matthäus-Evangelium überliefert.

Hauptrednerin: ORF-Moderatorin Christa Kummer

ORF-Wetter-Moderatorin Christa Kummer erzählte sehr persönlich aus ihrem Leben.ZVG/Emil Schachtschabel

Hauptrednerin war diesmal ORF-Wetter-Moderatorin Christa Kummer, die nicht nur Geografie, sondern auch Theologie studierte. Sie teilte keine Wetter-Vorhersage mit dem Publikum, sondern eine sehr persönliche Episode aus ihrem Leben: Als ihr Vater an Demenz erkrankte und Kummer schwierige Entscheidungen zu treffen hatte, schlich sich der Friede Gottes ganz unerwartet ein.

Warum es das Gebet im Parlament braucht

Exxpress besuchte das bis auf den letzten Platz ausgebuchte Gebetsfrühstück, bei der Vertreter aller christlicher Konfessionen, aber auch der Islamischen Föderation Wien (IFW) und der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) auf Politiker aus In-und Ausland sowie Angehörige verschiedener christlicher Vereine und NGOs zusammentrafen. Das Onlinemedium befragte fünf anwesende Vertreter der Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ, Neos, FPÖ und Grüne, warum Gebet in der Politik wichtig ist und ob im Hohen Haus überhaupt gebetet werden soll – schließlich gibt es in Österreich eine Trennung zwischen Staat und Religion.

Gudrun Kugler (ÖVP)

„Wir glauben, dass Gott Gebete hört. Darum ist es durchaus sinnvoll, wenn Politiker zusammenkommen und im Parlament Gott um seinen Segen für das Parlament, für Österreich und Europa bitten“, sagt die Nationalratsabgeordnete und Initiatorin des Internationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks. Kugler ergänzt: „Wir brauchen Frieden in Europa, in Österreich, im Parlament, wir brauchen Frieden in unserem Herzen. Dafür haben wir heute gebetet und ich glaube, es wir für Österreich einen Unterschied machen“.

Das Gemeinsame kann politische Gräben überwinden

Stimmen, die das christliche Gebetsfrühstück im Parlament kritisieren, entgegnet sie: „Natürlich haben wir die Trennung von Kirche und Staat. Das ist wichtig und richtig. Menschen, die der Glaube an Gott vereint und die miteinander beten, widersprechen dieser Trennung absolut nicht. Im Gegenteil: Durch das Gemeinsame können wir andere Gräben zwischen uns überwinden. Das ist gut, auch für einen politischen Dialog im Parlament“.

Die Initiatorinnen des Gebets-Events: Gudrun Kugler (ÖVP) und Elisabeth Feichtinger (SPÖ) (v.r.n. l.)ZVG/Büro Kugler

Elisabeth Feichtinger (SPÖ)

Die Nationalratsabgeordnete und Mit-Initiatorin erzählt über die Gründung des Gebetsfrühstücks: Der ehemalige ÖVP-Politiker Josef Höchtl lernte das Event in den USA kennen und holte es in den 1980er Jahren nach Österreich. Gudrun Kugler habe es vor einige Jahren gemeinsam mit Höchtl wieder belebt. „Dann bin ich dazu gekommen, wir haben uns kennengelernt, wir haben uns gefunden. Politisch sind wir von verschiedenen Fraktionen, aber der Glaube verbindet uns. Und so haben wir gesagt, wir möchten eine überkonfessionelle und überparteiliche Veranstaltung machen, die alle Menschen an die Tische zusammenholt und zu Gesprächen zusammenführt“.

Die Trennung von Kirche und Staat sei ganz selbstverständlich. „Wir nutzen nur eine Räumlichkeit im Parlament, wir sitzen nicht in den klar politisch definierten Räumlichkeiten, sondern wir sind in einem Raum im Parlament, der für andere Veranstaltungen auch genutzt wird“.

Das Gebetsfrühstück sei eine Möglichkeit der Vernetzung und des Austausches für verschiedene Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen politischen Fraktionen, aber auch aus der Kirche und kirchlichen Strömungen.

Karl-Arthur Arlamovsky (Neos)

„Ich halte das Gebetsfrühstück in Wien für eine gute Einrichtung. Es bringt Leute zusammen aus allen im Nationalrat vertretenen Parteien, es bringt Leute zusammen aus den verschiedensten Ländern. In der Politik ist es wichtig, die ja unter Trennungen leidet, dass man auch Gemeinsamkeiten finden kann, in dem Fall Gemeinsamkeiten, die sich nicht mit weltlichen Dingen befassen, sondern mit spirituellen. Vielleicht hilft das dann auch, mehr Gemeinsamkeiten zu suchen in der Tagespolitik“, sagt der ehemalige Neos-Nationalratsabgeordnete, der die vergangenen Jahre beim Gebetsfrühstück dabei war.

Keine staatlichen Gelder

Die Frage, warum ein Gebetsfrühstück im Parlament stattfindet, müsse man sich gefallen lassen, weil Österreich ein säkularer Staat sei. „Das wichtige ist, dass diese Veranstaltung keine ist, die der Staat, das Parlament oder die Parlamentsdirektion veranstaltet“, erklärt Arlamovsky. Er ergänzt: „Für das Gebetsfrühstück werden auch keine staatlichen Gelder ausgegeben“.

Walter Rosenkranz (FPÖ)

„Österreich ist ein christlich geprägtes Land, unsere Kirchen, unsere christlichen Feste sind ein äußeres Zeichen von dem, was noch immer sehr viele Menschen in diesem Land bewegt. In Zeiten wie diesen hilft kein Hochmut, sondern Demut, und ich glaube, Gottes Segen ist auch etwas, was für uns absolut notwendig ist“, sagt der Nationalratspräsident.

Parlament: "Anker für Gesellschaft"

Kritischen Stimmen setzt Rosenkranz entgegen: „Das Parlament ist nicht nur Ort der Gesetzgebung, es ist auch ein Anker für die gesamte Gesellschaft. Auch Religion hat Platz in der österreichischen Gesellschaft. Wir haben hier Veranstaltungen für die unterschiedlichsten Gruppen, für junge Menschen, alte Menschen, zunehmend auch für behinderte Menschen, es sind Personengruppen, die alle unser Verständnis, unsere Zuwendung nötig haben“.

Hermann Weratschnig (Grüne)

„Das Gebetsfrühstück sehe ich als eine Plattform aller Fraktionen, sich überkonfessionell auszutauschen und einen direkten Dialog mit den Religionsgemeinschaften zu pflegen“, sagt der ehemalige Nationalratsabgeordnete.

Die heurige Hauptrednerin habe sehr deutlich aufgezeigt, dass der Friede in Europa eine tägliche Entscheidung sei. Alle Fraktionen seien gefordert, dabei mitzuarbeiten. „Das Gebetsfrühstück leistet dabei international einen wichtigen Beitrag in der Friedensarbeit“, so Weratschnig