Der Chef eines der russischen Botschaft in Wien nahestehenden und mittlerweile aufgelösten Vereins soll laut “Standard” (Donnerstag) im Vorjahr mit einer sanktionierten Stiftung in Moskau kooperiert haben. In der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) kennt man die Vereinsfunktionäre. “Bislang wurden diesbezüglich keine strafrechtlich relevanten Sachverhalte im Zusammenhang mit Sanktionen wahrgenommen”, erklärte das Innenministerium am Donnerstag auf APA-Anfrage.

Mit Verweis auf geleakte E-Mails berichtete der “Standard”, dass der Obmann des Vereins “Dialog – Förderung der kulturellen, rechtlichen und allgemein menschlichen Werte” in Wien, Dmitri J., noch im März 2024 einen Vertrag mit der russischen “Stiftung zur Unterstützung und dem rechtlichen Schutz von im Ausland lebenden Landsleuten” unterzeichnet habe. Dabei sei die informell als “Prawfond” bezeichnete Stiftung bereits im Juni 2023 von der EU auf eine Sanktionsliste gesetzt worden – die EU begründete dies damals mit der Rolle der Stiftung bei der Verbreitung von Kreml-Propaganda im Ausland. Eine von der Zeitung zitierte Vertreterin des estnischen Inlandsgeheimdienstes sah die Stiftung jedoch als “Erweiterung russischer Geheimdienste”, die die Kontrolle und Steuerung der russischsprachigen Diaspora ermögliche.

Schwierige Geldtransfers aus Russland nach Österreich

Der Vertrag von J. habe eine Summe von 40.000 Euro vorgesehen, er habe in Folge in einem E-Mail auch den Erhalt von etwa zwei Mio. Rubel (20.000 Euro) auf sein Bankkonto in Russland bestätigt. Über einen etwaigen Transfer dieser Gelder nach Österreich lagen der Zeitung keine Angaben vor. J. habe jedoch bereits Anfang 2023 über Schwierigkeiten bei Überweisungen nach Österreich berichtet. Damals habe er angedeutet, dass es eine Möglichkeit geben könnte, dass die russische Botschaft in Wien Gelder an sich transferiere.

Botschaftsgebäude der Russischen Föderation in WienWikipedia/C.Stadler/Bwag

Bereits Anfang Juni 2024 hatte der “Standard” erstmals über die Kooperation von J. und Prawfond berichtet, damals war auch eine interne Präsentation eines von ihm geleiteten “Zentrums für rechtlichen Schutz – Österreich” geleakt worden. Wenige Wochen später kam es zur freiwilligen Auflösung des Vereins durch J., der seit 2022 auch als Vorsitzender des botschaftsnahen Dachverbands “Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute” (KSORS) auftritt. Der Russe selbst war am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar.

Kritik an Vereinsfunktionär aus der Community

In der russischsprachigen Community selbst war J. zuletzt auch umstritten: In einer “Patriotismus oder Sabotage” betitelten Facebook-Publikation hatte ihm die Aktivistin Natallia N. am 10. Mai vorgeworfen, in Ermangelung abgehaltener Wahlen und angesichts von Satzungsverstößen als KSORS-Vorsitzender illegitim zu sein. Auch warf sie ihm störende Aktivitäten im Zusammenhang mit einer Veranstaltung zu 80. Jahren “Tag des Sieges” am Wiener Schwarzenbergplatz vor.

N. selbst ist nicht nur Administratorin einer der größten russischsprachigen Facebook-Gruppen in Österreich, als Ko-Generalkoordinatorin des Vereins “Menschen in Resilienz” war sie auch am 9. Mai für die offiziöse Kundgebung “Regiment der Unsterblichen” in Wien mitverantwortlich gewesen. Als solche hatte sie wenige Tage zuvor heftige Kritik an einem vor Ort aufgestellten Plakat der Wiener Festwochen geübt, das später angezündet worden war.

Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht im Zusammenhang mit "Regiment der Unsterblichen"-Kooperation

N.s Ko-Generalkoordinator im Verein, Dimitri K., agiert gleichzeitig auch als offizieller Österreichvertreter einer internationalen “Regiment der Unsterblichen”-Bewegung, die ebenso dem russischen Staat nahesteht. Diese Kooperation zwischen Wien und Moskau ist derzeit Gegenstand einer Untersuchung im Zusammenhang mit Sanktionsbestimmungen: Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte der APA vergangene Woche das Einlangen einer Innenministerium-Sachverhaltsdarstellung, die nun auf einen etwaigen Anfangsverdacht geprüft werde. Derzeit läuft jedoch kein Ermittlungsverfahren. Auch K. war am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar.