Gerichtshof verurteilt Polen wegen Diskriminierung von lesbischer Mutter
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Polen wegen der Diskriminierung einer lesbischen Mutter verurteilt. Die polnischen Behörden hätten der Frau vor allem wegen deren sexueller Orientierung das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen, urteilten die Straßburger Richter am Donnerstag.
Die Klägerin hatte eine Beziehung mit einer anderen Frau begonnen, die Scheidung von ihrem Mann eingereicht und im folgenden Rechtsstreit zunächst das Sorgerecht für ihre vier Kinder zugesprochen bekommen. Ihr Ex-Mann beantragte später eine Änderung der Regelung und strengte dafür eine Beurteilung der jeweiligen elterlichen Fähigkeiten an.
Homosexualität soll im Mittelpunkt der Sorgerechtsdebatte gestanden sein
Für dieses Gutachten wurde die Frau gefragt, ob sie homosexuell sei und sexuellen Kontakt mit ihrer neuen Partnerin pflege. Nach Angaben der Straßburger Richter war dies maßgeblich für die Entscheidung des polnischen Gerichts, das Sorgerecht auf den Ex-Mann zu übertragen. In einem weiteren Verfahren, das nur das jüngste Kind betraf, verwies das polnische Gericht auf “die wichtigere Rolle des Vaters bei der Schaffung eines männlichen Vorbilds” für das Kind.
“Die sexuelle Ausrichtung der Klägerin und ihre Beziehung zu einer anderen Frau standen ständig im Mittelpunkt der Überlegungen und waren in jeder Phase des Gerichtsverfahrens allgegenwärtig”, erklärten die Richter vom EGMR. Die Frau sei damit eindeutig anders behandelt worden als andere Eltern und habe eine unrechtmäßige Diskriminierung erlitten.
Strafzahlung wegen "moralischen Schadens"
Der EGMR verurteilte Polen zur Zahlung von 10.000 Euro an die Klägerin wegen “moralischen Schadens”. Das zuständige Richtergremium, bestehend aus sieben Richtern, traf seine Entscheidung allerdings nicht einstimmig. Der polnische Richter Krzysztof Wojtyczek formulierte eine “abweichende Meinung”, die dem Urteil beigefügt ist.
Kommentare