Gescheiterte Wagner-Meuterei: So greift Putin jetzt durch
Die abgebrochene Wagner-Rebellion hat ein Nachspiel – ein weitreichendes. Putin lässt die Streitkräfte nach heimlichen Mitwissern und Unterstützern durchforsten. In der Militärführung stehen Rochaden bevor, berichten russische Quellen. Einigen Militärs wird Versagen am Tag des Aufstands vorgeworfen.
Die Wagner-Rebellion hat bereits weitreichende Auswirkungen auf die russische Kommandostruktur. Das behaupten russische Quellen, deren Berichte in der Vergangenheit weitgehend korrekt waren. Von „groß angelegten Säuberungen“ spricht etwa der prominente russische Milblogger „Rybar“, und zwar unter den Führungskadern der russischen Streitkräfte. Das russische Verteidigungsministerium unterziehe sich derzeit einem „Crashtest“ betreffend die Loyalität seiner Beamten.
Oberbefehlshaber der Truppen in der Ukraine soll ausgewechselt werden
Der russische Föderale Schutzdienst (FSO, wörtlich: „Föderaler Dienst für Bewachung der Russischen Föderation“) soll bereits mit einer Überprüfung der russischen Militärführung und einzelner Kommandeure der Einheiten begonnen haben. Allerdings werde dies auch als Vorwand benutzt, um „unliebsame“ Mitarbeiter aus ihren Positionen zu entfernen, behauptet Rybar.
Eine teilweise Entmachtung des Generalstabschefs und derzeitigen Oberbefehlshabers des Einsatzgebietes in der Ukraine, Armeegeneral Waleri Gerassimow, soll bevorstehen. Angeblich soll der Kommandeur der russischen Luftlandetruppen Generaloberst Michail Teplinski dessen Verantwortungsbereich übernehmen. Gerassimow dürfte aber seinen Posten als Generalstabschef behalten, behauptet der Militär-Blogger. Nur werde er nicht mehr für russische Operationen in der Ukraine zuständig sein.
Armeegeneral Surowkin in Bedrängnis
Von einer „Atmosphäre des Misstrauens, die den Generalstab umgibt“ berichtet eine anderer Telegramkanal. Mitarbeitern von Gerasimow werden Unentschlossenheit und Versagen vorgeworfen, während des Mitarbeitern des stellvertretenden Befehlshabers der gemeinsamen Truppengruppierung in der Ukraine, Armeegeneral Sergej Surowikin, Komplizenschaft bei der Rebellion vorgehalten werde.
Tatsächlich sollen die russischen Behörden am 28. Juni Armeegeneral Sergej Surowikin sogar verhaftet haben. Ein klarer Hinweis, dass der Kreml das Verteidigungsministerium von als illoyal angesehenen Personen säubern will. Das hätten zwei dem Verteidigungsministerium nahestehende Quellen bestätigt, behauptete die russische Oppositionszeitung „The Moscow Times“ am 28. Juni. Der „New York Times“ zufolge soll Surowikin bereits im Voraus über die Meuterei Bescheid gewusst habe. Die Tageszeitung beruft sich dabei auf US-Beamte.
Soldaten weigerten sich auf Wagner-Rebellen zu schießen
Fakt ist: Surowikin hat Prigoschin aufgefordert, den Aufstand nur wenige Stunden nach dessen Beginn zu beenden. Möglicherweise tat er dies unter dem Zwang der russischen Militärführung. Surowikin hatte in der Vergangenheit bemerkenswerte Verbindungen zu Wagner. Somit könnte er nun auch zum Sündenbock werden.
Darüber hinaus bestraft der Kreml russischen Quellen zufolge bereits jene Streitkräfte, die seiner Ansicht nach bei der Bekämpfung der Rebellion versagt haben. Russische Piloten sollen sich geweigert haben, Wagner-Konvois anzugreifen. Ebenso wollten russische Grenzsoldaten nicht das Feuer auf Wagner eröffnen. Nun dürften sie mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.
Kommentare