Griechenland und Österreich fordern von EU Tempo bei Rückführungen
Innenminister Nehammer fordert: Die EU-Kommission muss in die Gänge kommen und mehr Rückführungsabkommen schließen. Österreich und Griechenland zeigen nach einem Arbeitsgespräch der EU-Kommission einen demonstrativen Schulterschluss.
Österreich und Griechenland haben diese Woche in Wien einmal mehr einen demonstrativen Schulterschluss in der Migrationspolitik gezeigt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis forderten nach einem Arbeitsgespräch die EU-Kommission auf, mehr Tempo bei der Umsetzung von Flüchtlingsrückführungsabkommen an den Tag zu legen und von der “sinnlosen Verteilungsdebatte” abzulassen, so Nehammer im APA-Interview. Kritik kam von der FPÖ.
Österreich und Griechenland fordern gemeinsames Handeln
Es brauche ein gemeinsames Handeln der EU bei den Rückführungsabkommen, sagte Mitarakis. Griechenland wolle nicht das Tor sein, durch das die Migrationsströme nach Europa fließen und dann die EU um Hilfe bei der Versorgung dieser Menschen bitten, sondern “an der Front” alles unternehmen, um das zu verhindern. Die Frage der Verteilung könne erst dann gelöst werden, wenn man den Migrationsstrom unterbinde. “Wenn wir es gemeinsam schaffen, die Krise einzudämmen, werden wir es auch schaffen, gemeinsam die Verteilung zu bewältigen”, so Mitarakis.
Für Nehammer stellt sich die Frage einer freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen nicht, weil Österreich mehr Asylsuchende als Italien aufnehme. So habe Italien heuer 15.000 und Österreich 8.000 Asylanträge. “Damit erübrigt sich die Frage der Verteilung für Österreich. Man sollte die Zahlen sprechen lassen und nicht Emotionen.”
Interessant findet der Innenminister die Pläne Griechenlands, die Türkei für Menschen aus Somalia, Pakistan, Afghanistan, Syrien und Bangladesch zum sicheren Drittstaat zu erklären. Damit können diese Menschen keinen Asylantrag mehr in Griechenland stellen, wenn sie aus der Türkei kommen. Auch das dänische Modell von Asylverfahren außerhalb der EU und Kooperationsmöglichkeiten mit Drittstaaten für Menschen, die nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden können, will sich Nehammer näher ansehen. Er reist kommende Woche zu diesem Zweck nach Dänemark.
Er denke für Österreich über eine “Kombination aus Lösungswegen” nach. “Wir müssen pro-aktiv werden”, die EU müsse “deutlich schneller in der Umsetzung der gemeinsamen Vorschläge werden”, sich auf Themen, über die Einigkeit besteht, konzentrieren und die “sinnlose Verteilungsdiskussion” beenden, “damit verlieren wir nur wertvolle Zeit”, so Nehammer.
Dass es in dieser Frage zu Problemen mit dem grünen Koalitionspartner kommen könnte, glaubt Nehammer nicht. “Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, dass alle Maßnahmen so gesetzt werden, dass sie mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vereinbar sind.” So gebe es etwa bei den Rückführungen nur Differenzen darüber, wohin man rückführen könne und nicht über das Rückführen an sich. Beim Thema Asyl und Migration werde es aber in der Koalition immer Differenzen geben, das sei das Besondere an dieser Regierung. “Das wird ein Bestandteil der Koalition sein.” Man werde Lösungen finden, die sich an internationalen Bestimmungen orientieren. “Gegen diese Maßnahmen hat auch der Koalitionspartner nichts.”
Kritik von Kickl: "Nur Show"
Kritik an Nehammer kam am Sonntag von der FPÖ. “Ein paar markige Sprüche hier, ein paar Reisen und PR-Fotos – wie aktuell mit dem griechischen Migrationsminister – dort: Die ÖVP und Innenminister Nehammer glauben offenbar, ihre üblichen Showaktionen würden echte Maßnahmen und die Umsetzung eine ehrlichen restriktiven Asyl- und Fremdenpolitik ersetzen”, sagte der designierte FPÖ-Obmann Herbert Kickl in einem schriftlichen Statement zur APA. Auch erinnerte er daran, dass Nehammer vergangenes Jahr einen “Defacto-Asylstopp” angekündigt habe. “Tatsächlich stiegen die Asylantragszahlen erstmals seit der Migrationswelle 2015 wieder und für heuer zeichnet sich wieder ein massiver Anstieg ab.” Ziel müssten “de facto null Asylanträge auf österreichischem Boden bzw. auf dem Boden der EU” sein, Anträge sollten in der EU nur mehr von Personen, die aus den unmittelbaren EU-Nachbarländern stammen, gestellt werden können.
Der FP-Klubchef verwies auf das Beispiel Dänemark, das Asylzentren in Drittländern errichten will, in denen die Asylwerber auf die Bearbeitung ihres Antrags warten sollen. “Daran müssen sich Nehammer und Co. orientieren.” In der kommenden Woche will die FPÖ einen entsprechenden Antrag im Nationalrat einbringen, der als “Nagelprobe” für die ÖVP dienen soll. Auch die von Dänemark vorgeschlagene Einstufung von Teilen Syriens als sichere Rückkehrländer sowie der griechische Stopp für Asylanträge aus bestimmten Staaten sollen in den FP-Antrag einfließen. Kritik übte Kickl auch daran, dass eine im April 2019 (noch unter ihm als Innenminister) unterzeichnete Arbeitsvereinbarung mit Serbien nicht umgesetzt worden sei, die eine Unterbringung abgelehnter Asylwerber in einem Abschiebezentrum in Serbien vorsehe.
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