Grünen-Gründungsmitglied tritt aus Partei aus und rechnet mit Baerbock ab
Schon bei der „Geburtsstunde“ der Grünen im Jahr 1978 war Prof. Ulfried Geuter dabei. Nach 45 Jahren verlässt er nun seine Partei. Der Hauptgrund: die Außenpolitik von Annalena Baerbock, die völlig der „Logik des Krieges“ verfallen sei, unzählige Todesopfer in Kauf nehme, und einen Atomkrieg riskiere. Geuters Schreiben schlägt hohe Wellen.
Prof. Dr. Ulfried Geuter (73) ist ein Grüner der ersten Stunde. „Ich bin am 5. Oktober 1978 beim Gründungstreffen der Alternativen Liste für Demokratie und Umweltschutz, die 1980 in die neu gegründeten Grünen überging, Mitglied geworden“, schreibt er in seiner Erklärung zum Parteiaustritt. Als er vor bald einem halben Jahrhundert Grüner wurde, war Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) noch einmal zur Welt gekommen. Doch nun ist sie und die deutsche Außenpolitik der Hauptgrund dafür, dass Geuter der eigenen Partei nach mehr als 45 Jahren den Rücken kehrt.
Geuter will den „Irrsinn“ der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik beenden
Resignierend hält Geuter nun fest: „Ich war einmal froh und stolz, ein Grüner zu sein.“ Doch diese Zeiten seien nun vorbei. „Heute, wo Anton Hofreiter und Annalena Baerbock das Wort in der grünen Außen- und Sicherheitspolitik führen, kann ich es nicht mehr.“ Um „dem Irrsinn in der gegenwärtigen deutschen Politik entgegenzusteuern“ veröffentlichte er die Begründung für seinen Austritt auf dem Internetportal Blog der Republik. Seine Entscheidung rief „erstaunlich große Resonanz“ hervor, berichtete die „Berliner Zeitung“, obwohl Geuter nicht aktiver Politiker war. Früher arbeitete er als Reporter, später ließ er sich als Psychotherapeut in Berlin nieder und lehrte überdies als Professor an der Universität Marburg.
Sein Austrittsschreiben ist eine einzige Abrechnung mit der gegenwärtigen Außenpolitik Annalena Baerbocks.
Baerbock hat sich „der Logik des Krieges überlassen“
Die grüne Außenpolitik von heute kenne „nur eine Richtung … : immer mehr und schlagkräftigere Waffen zu liefern“. Es sei nicht länger ihr oberstes Ziel, Kriege und Leiden zu beenden. Stattdessen wolle sie nur noch siegen, etwa wenn „Annalena Baerbock als Ziel ausgibt, dass die Ukraine den Krieg ‚gewinnen‘ müsse.“
Prof. Ulfried Geuter hält fest: „Wer nur das Ziel ausgibt zu siegen, hat sich bereits der Logik des Krieges überlassen, ist geistig im Krieg und hat keine Handlungsmacht mehr, sich gegen den Krieg selbst zu stellen und politisch dessen Beendigung als oberstes Ziel zu verfolgen.“ So sei es auch während des Ersten Weltkriegs gewesen.
Grüner Einsatz Taurus-Raketen an Kiew brachten Fass zum Überlaufen
„Den letzten Ausschlag“ gegeben für den Austritt „hat die Attacke von Anton Hofreiter gegen die vernünftige Politik von Olaf Scholz, keine Taurus-Raketen liefern zu wollen“. Hofreiter hatte die Weigerung von Scholz als „unverantwortlich“ bezeichnet. „Joe Biden hingegen erklärt, keine langstreckenfähigen ATACMS liefern zu wollen, um einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden“, schreibt Geuter.
Wer das Risiko eines Atomkriegs eingeht, ist „verblendet“
Der Grüne der ersten Stunde zitiert hierzu bekannte Militärs wie Ex-Brigadegeneral Erich Vad, der ehemalige militärpolitische Berater von Angela Merkel. Ihm zufolge „würde die Lieferung von Taurus das Kriegsgeschehen eskalieren. Übernimmt Hofreiter dafür die Verantwortung?“ Vad habe „realistisch darauf hingewiesen, dass Russland eher zu Nuklearwaffen greifen würde als sich strategisch aus der Schwarzmeerregion herauszuziehen.“
Es sei vor allem unverantwortlich, das Risiko eines Atomkriegs einzugehen, wozu aber einige Politiker offensichtlich bereit sind: „Vor einiger Zeit las ich ein Interview mit einem ukrainischen Politiker, in dem dieser äußerte, er habe keine Angst vor einem atomaren Krieg, weil die technologisch überlegene USA bei einem atomaren Schlagabtausch schneller wäre als Russland. Wie verblendet muss man sein, aus Gründen der Gerechtigkeit mit der Verwüstung der Nordhalbkugel zu spekulieren? Auch Annalena Baerbock und Anton Hofreiter scheinen geblendet zu sein von der vermeintlichen Überlegenheit westlicher Waffen“.
Wer Russlands Kapitulation fordert, erreicht den Dritten Weltkrieg
Doch Russland habe bereits taktische Atomwaffen nach Weißrussland verlagert „und besitzt zehnmal mehr taktische Atomwaffen als die NATO in Europa hat. Deren Einsatz ist ein reales Risiko. Brigadegeneral a.D. Helmut Ganser, ehemals deutscher Vertreter bei der NATO, kritisiert, dass das leichtfertig übersehen wird.“ Doch „die bedingungslose Kapitulation Russlands, die Selenskyj verlangt, kann nur in einem epischen Krieg, einem Dritten Weltkrieg erreicht werden, der Europa oder sogar die Nordhalbkugel verwüsten könnte.“
Immer mehr Tote, aber keine Aussicht auf eine militärische Lösung
Dennoch gebe es „keine einzige Initiative der Außenministerin, wenigstens zu einem Waffenstillstand zu kommen. Grüne Außenpolitik hat heute das Hauptziel, Russland zu demütigen“. Doch selbst „Mark Milley, bis September 2023 US-amerikanischer Generalstabschef, sagte, dass es keine militärische Lösung geben kann.“
Kriegsopfer spielten anscheinend keine Rolle mehr: „Wer die Parole ‚Weiter bis zum Sieg‘ ausgibt, denkt nicht an die zahlreichen weiteren Toten, Verstümmelten und Traumatisierten, die diese Politik kostet.“ Selbst wenn „Russland ohne einen Atomkrieg besiegt werden könnte, wäre es dann ein weniger gefährliches Russland?“ Ulfried Geuter erinnert an Deutschlands Demütigung nach dem Ersten Weltkrieg. „Würde nicht ein geschwächtes Russland ein weit gefährlicheres Russland sein?“
Baerbock spielt sich als Lehrmeisterin auf, um Verlust der globalen Dominanz zu überspielen
Die Wortführer in den Grünen wollen nicht zur Kenntnis nehmen, „dass der Westen, Europa und Nordamerika, die Rolle als Hegemon verloren hat. Baerbock versucht die verlorene militärische und ökonomische Dominanz durch eine moralische zu ersetzen. Daher reist sie als Lehrmeisterin durch die Welt und verkündet überall was geschehen ‚soll‘ oder ‚muss‘. Das nennt sich wertegeleitete Außenpolitik und heißt, Chinas Staatschef bei einem offiziellen Besuch als Diktator zu bezeichnen oder auf dem G-20-Gipfel Lawrow mit erhobener Faust zuzurufen ‚Hören Sie auf mit dem Krieg‘.“
Mit solchen Gesten könne man sich „als Gerechte fühlen und bei denjenigen punkten, die in Deutschland Empörung mit Vernunft verwechseln und sich wohl damit fühlen möchten, dass unsere Außenministerin ihnen zeigt, zu den Guten zu gehören und den Bösen entgegenzutreten.“
Bei einem Krieg in Europa gibt es keinen Sieger
Fazit: „Die Grünen aus der Gründergeneration wussten noch, dass es in Europa keinen Sieger geben wird, wenn hier ein Krieg ausbricht. Die Grünen von heute tönen im Chor mit anderen, bis zum Sieg kämpfen zu wollen, angeführt von Hofreiter und Baerbock“. Ihre Politik folge „der Logik des Krieges“ und setzte „die Sicherheit Europas und der Welt aufs Spiel“. Damit „habe ich nichts gemein. Daher trete ich aus den Grünen aus.“
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