Hochspannung im Schwurgerichtssaal nach Schlussplädoyers im Kurz-Prozess
Hochspannung am Wiener Straflandesgericht, schier endlose, nervöse Stunden auf der Anklagebank für Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli. Noch am heutigen Freitag soll das Urteil verkündet werden. Der Medienrummel ist gewaltig. Staatsanwaltschaft und Anwalt haben bereits ihre Schlussplädoyers gehalten.
Der Tag stand im Zeichen Russlands – und den doch sehr skurrilen Vorgänge rund um Thomas Schmid. So stand am Vormittag die Vernehmung des zweiten russischen Zeugen auf dem Programm. „Auf nach Moskau!“ kündigte der Richter die Live-Schaltung an. Doch alle, die sich davon Klarheit erhofft hatten, wurden enttäuscht. Ein offenbar schwächelnder Dolmetscher sorgte für Verwirrung. „Wir sind lost in Translation“, musste das Gericht am Ende konstatieren. Immerhin konnte aber geklärt werden, was es denn mit Schmids vermeintlicher Geiselbefreiung auf sich hatte: Nichts, wie der Ex-Öbag-Chef kleinlaut zugeben musste.
Fans von Gerichts-Dramen wären beinahe auf ihre Rechnung gekommen
Kurz vor Mittag wollte die WKStA dann den Anwalt von Sebastian Kurz, Otto Dietrich, in den Zeugenstand zitieren. Fans von Gerichts-Dramen wie “Perry Mason” oder “Law And Order” waren ob des überraschenden Moves begeistert – doch am Ende wurde daraus nichts. Antrag zurückgezogen.
Und dann ergriff auch Kurz selbst das Wort: „Der Thomas Schmid hatte das Ziel, die B&C zu 100 Prozent in die ÖBAG einzugliedern, obwohl das nie aligned war“, sagte er. Im Fall einer Verurteilung würden bis zu drei Jahre Haft drohen. Freilich nur theoretisch. Es folgen die Schlussplädoyers, danach wohl das Urteil. Und danach wohl (so oder so) Berufungen.
WKStA: Kurz und Bonelli haben "nicht nur die Message kontrolliert"
Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war der Tatbestand auf jeden Fall erfüllt. Ex-Kanzler Kurz und Kabinettschef Bernhard Bonelli hätten “nicht nur die Message kontrolliert”, sondern auch Personalentscheidungen gehabt, behauptete Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic in seinem Schlussplädoyer. “Formal zuständige Minister wurden zu Exekutoren.” Die Rolle eines bloßen “Informationsempfängers” habe Kurz “nie und nimmer” gehabt.
Dass sich Kurz im U-Ausschuss an bestimmte Vorgänge nicht erinnern konnte, bezweifelte die WKStA stark, sei er doch ein “junger, gesunder Mensch”. Die WKStA beantragte daher bei beiden Angeklagten einen Schuldspruch samt “spürbarer” Kombinationsstrafe aus Geld- und bedingter Freiheitsstrafe für Kurz, habe er doch als Ex-Kanzler eine hohe Vorbildfunktion.
Kurz-Anwalt: Kein Widerspruch bei Kurz "zwischen Wort und Wahrheit"
“Sebastian Kurz hat im Untersuchungsausschuss nicht falsch ausgesagt”, hielt Kurz’ Verteidiger Otto Dietrich in seinem Plädoyer fest. In Wahrheit werfe die WKStA seinen Mandanten “ihre eigene Interpretation seiner Aussage vor”, befand er. Es gebe aber keinen Widerspruch “zwischen Wort und Wahrheit”. Dietrich brachte abermals den zu Beginn des Prozesses bereits ins Rennen gebrachten Aussagenotstand vor. Auch den U-Ausschuss selbst kritisierte der Anwalt abermals als “modernes Scherbengericht”.
Überdies stellte Dietrich die Glaubwürdigkeit Schmids infrage, der Kurz belastet hatte. Dieser habe sich nur an bestimmte Dinge erinnert, an andere nicht. Die Entscheidung, dass Schmid ÖBAG-Vorstand wird, habe Sebastian Kurz jedenfalls nicht getroffen. “Kurz war informiert, aber nicht eingebunden.” Entlastet sieht der Verteidiger seinen Mandanten auch durch die Aussagen sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder der Staatsholding, die während des Prozesses als Zeugen befragt wurden.
Bonellis Verteidiger Werner Suppan schlug in seinem Plädoyer in eine ähnliche Kerbe wie Dietrich zuvor. Der Strafantrag sei ein “versuchter Zusammenbau einer anderen Wahrheit” aus “Antwortfragmenten” aus dem Untersuchungsausschuss. Weil alles so eindeutig sei, habe es auch ein Ermittlungsverfahren von 26 Monaten Dauer gegeben, kritisierte er die Anklagebehörde weiter. Es gebe schlicht kein Substrat, so Bonellis Anwalt in seinem Plädoyer
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