Integrationsminister rechnet mit EU ab: "Hälfte der Asylwerber nicht schutzbedürftig"
Dänemarks harter Asylkurs sorgt immer wieder für Schlagzeilen. „Grausam und rassistisch“ meinen die einen, „vorbildlich und gerechtfertigt“ die anderen. Maßgeblich für die Politik verantwortlich: Integrationsminister Mattias Tesfaye – selbst Sohn eines Einwanderers. Für ihn ist klar: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Asylbewerbern in Europa und Flüchtlingen auf der Welt.
Mattias Tesfaye ist seit 2019 Minister für Einwanderung und Integration in Dänemark. Seit 2012 ist der ehemalige Kommunist bei den Sozialdemokraten. „Migrationsminister Zero“ sorgt in ganz Europa für Aufsehen. Ein Sozialdemokrat mit Migrationshintergrund, der den Islam kritisiert und schlecht integrierte Ausländer. In „dreckige Jobs“ zwingen will.
Augewachsen ist er in einer Stadt mit sehr vielen Sozialwohnungen und vielen Ausländern. Türken, Iraker, Somalier und Pakistaner. Im Interview mit „NZZ“ erinnert sich Tesfaye, dass der Bürgermeister seiner Stadt Schulklassen „durchmischen“ wollte. „Ich war damals in der extremen Linken aktiv, und ich ging an eine Demonstration gegen den Bürgermeister und wir beschimpften ihn als Rassisten“. Gleichzeitig wusste der heutige Minister aber damals schon, dass diese Politik funktionierte – „etwa für meinen Kollegen Mustafa und andere Kinder. Diese waren aus einem armen Quartier zu uns gekommen, sie fanden neue Freunde und lernten sehr schnell Dänisch“.
Kein Zusammenhang zwischen Asylwerbern und Flüchtlingen
Am Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 wurde Tesfye Parlamentarier. „Ich war geschockt über die vielen Asylbewerber, die nach Dänemark, Schweden, Deutschland oder Österreich kamen“, berichtet er aus dieser Zeit. Am europäischen Asylsystem lässt der Däne mit afrikanischen Wurzeln kein gutes Haar: „Vor zehn Jahren gab es gemäß den Vereinten Nationen weltweit rund 40 Millionen Flüchtlinge. Jetzt sind es mehr als 80 Millionen. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Asylbewerberzahlen in Europa und den schutzbedürftigen Flüchtlingen auf der Welt. Wenn wir Flüchtlingen helfen wollen, müssen wir sie im Rahmen von Uno-Programmen in Europa und in Dänemark ansiedeln, und wir müssen sehr viel mehr Geld in internationale Programme investieren. Das heutige Asylsystem ist Teil des Problems, nicht der Lösung“.
"Wenn wir könnten, würden wir es auch so machen"
Die Hälfte der Asylbewerber in Europa sei in keiner Weise schutzbedürftig, und es seien mehrheitlich junge Männer. Wenn sie abgelehnt werden, verursacht das einen Haufen Probleme und Kosten, erklärt der Integrationsminister. „Jedes Mal, wenn jemand das Asylrecht beantragt, ist das Teil des Problems. Flüchtlinge sollten nach humanitären Kriterien ausgewählt werden. In Dänemark nehmen wir derzeit Leute aus Kongo und aus Burundi auf. Sie kommen aus Auffanglagern in Rwanda, es sind sexuelle Minderheiten oder Frauen mit Kindern.“
Für den harten Kurs gibt es seitens europäischer Kollegen oft Lob. Unter vorgehaltener Hand, versteht sich. „Wenn wir könnten, würden wir dasselbe tun“, bekäme er immer wieder zu hören. Warum also können die Dänen, was andere nicht könne? Dänemark hat einige Punkte der europäischen Gesetzgebung ausgeklammert hat. Das macht es möglich, Asylgesuche in Drittstaaten zu prüfen. In Deutschland, Schweden und anderen Ländern ist das nicht möglich, weil sie diese Klauseln nicht haben. „Deshalb versuche ich meinen europäischen Kollegen nahezulegen, dass sie die Gesetzgebung ändern und dasselbe tun sollten“, schreibt Tesfaye seinen Amtskollegen ins Stammbuch.
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