Raab präsentiert Islam-Landkarte: "Gefährliche Entwicklungen des Islam dürfen nicht ignoriert werden"
Mehr als 600 islamische Einrichtungen wurden in der Landkarte erfasst. Diese soll einer zukünftigen Einschätzung politischer oder islamistischer Strömungen dienen, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit des Diskurses mit Vertretern der Glaubensgemeinschaft bieten.
Die Dokumentationsstelle politischer Islam hat am Donnerstag eine Landkarte mit muslimischen Organisationen und Kultusgemeinden in Österreich vorgelegt. Über 600 derartige Einrichtungen wurden darin erfasst. Ziel ist es, einen Überblick über diese zu geben und jene zu identifizieren, die dem politischen Islam zuzurechnen sind, hieß es bei der Präsentation.
Der politische Islam ist nicht Kern des Projekts
Es sei aber keine Landkarte, die nur den politischen Islam zeigt, wie der Leiter des Forschungsprojekts der Universität Wien, Ednan Aslan betonte: “Wir haben 623 Verbände, Organisationen und Moscheen erfasst und beschrieben.” Dabei habe man sich zum Ziel gesetzt, Schwächen und Stärken sichtbar zu machen. Darunter etwa auch Leistungen für die Integrationsarbeit.
Auf der anderen Seite zeige man aber auch “gefährliche Tendenzen” auf, so Aslan: “Wir wollen die Politik darauf aufmerksam machen.” Schließlich litten auch die Mehrheit der Muslime letztlich unter radikalen Tendenzen. Die Landkarte, die seit heute unter www.islam-landkarte.at zu finden ist, gebe eine Kurzbeschreibung der jeweiligen Organisation, wer ihre Akteure sind, wer sie nach außen vertritt, welchem Dachverband sie zuzurechnen ist und ob Verbindungen ins Ausland bestehen, erklärte der Wissenschafter.
Dossiers über Dachverbände wurden ebenfalls erstellt
Neben der Karte habe die Dokumentationsstelle auch drei Dossiers der größten Dachverbände islamischer Vereine in Österreich erarbeitet, nämlich ATIB, Millî-Görüs und der Grauen Wölfe, erläuterte Mouhanad Khorchide, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Dokumentationsstelle. In diesen Papieren werden neben der Herkunft und dem ideologischen Verständnis auch die Strukturen und Netzwerke bzw. etwaige Verbindungen ins Ausland der Dachverbände analysiert.
Bei ATIB, dem mehr als 60 Moschee-Einrichtungen hierzulande zuzuordnen sind, stelle sich etwa die Frage nach der Unabhängigkeit zur türkischen Politik. Und Milli-Görus sei der prominenteste Vertreter des politischen Islam mit Nähe zur Muslimbruderschaft, so Khorchide. Milli-Görus ist laut dem Dossier in Österreich aktuell mit 48 Einrichtungen vertreten, 29 Moscheevereine sind den Grauen Wölfen zuzurechnen.
Landkarte soll zu einer Reformdebatte innerhalb der Organisationen führen
Im Zuge der Forschungsarbeit habe man alle Verbände und Vereine um Stellungnahmen gebeten und sie gefragt, wie sie sich einen Islam europäischer Prägung vorstellen, erklärte Khorchide: “Damit wollen wir einen inhaltlichen Diskurs anstoßen.” Auch Aslan hofft, dass durch die Landkarte die öffentliche Debatte angestoßen und somit Reformbewegungen auch innerhalb der islamische Glaubensgemeinschaft ermöglicht werden.
Keinesfalls wolle man alle Muslime damit unter “Generalverdacht” stellen, betonte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP). Andererseits dürfe man auch nicht “auf einem Auge blind sein” und “gefährliche Entwicklungen des politischen Islam” ignorieren. Diese Tendenzen seien nämlich eine Gefahr für unser Wertesystem und unsere liberale Demokratie. Die Politik müsse dafür sorgen, dass nicht in Hinterzimmern und Hinterhöfen derartige Ideologien “unter dem Deckmantel der Toleranz” verbreitet werden.
Die in der Islamlandkarte abgebildeten Informationen können laut Raab auch für Behörden relevant sein. Etwa für Entscheidungen darüber, welcher Verein Partner für die Integration sein kann oder welche Organisation Fördergeld bekommt. Auch für Sicherheitsbehörden können sie ebenso von Interesse ein wie für die Muslime in Österreich selbst, argumentierte die Integrationsministerin.
Die meisten Organisationen sind in Wien
Die Islamlandkarte ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Universität Wien. Aktuell gibt es mehr als 600 muslimische Einrichtungen, davon 230 in Wien, gefolgt von Niederösterreich (86) und Oberösterreich (78). Weil sich die Vereinslandschaft ständig ändert, wird das Projekt als ein lebendiges begriffen, das einem steten Diskurs und einer laufenden Überarbeitung unterliegt, wie bei der Präsentation betont wurde. (APA/red)
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