Martin Kreutner, der Chef der Pilnacek-Kommission, sagte es klar und deutlich: In Österreich bestehe im Bereich der Strafverfolgung eine “Zweiklassenjustiz”. Er meinte Ermittlungsverfahren gegen prominente Beschuldigte, bei denen die sachbearbeitenden Staatsanwaltschaften vor ihren Entscheidungen “nach oben” berichten müssen. Die österreichische Justiz spricht von “clamorosen” Fällen. Tatsächlich gemeint ist nichts anderes als die Sonderbehandlung von (relativen) Personen der Zeitgeschichte, vulgo Promis.

Es handelt sich hierbei um einen rot-weiß-roten Sonderweg, der jedem durchschnittlichen Rechtsempfinden zuwider läuft und ein Misstrauen gegenüber Österreichs Staatsanwälten, denen bei prominenter Beteiligung in Strafverfahren offenbar die Fähigkeit abgesprochen wird, den Gleichheitsgrundsatz vor dem Gesetz zu gewährleisten.

Zadic: Projekt für die nächste Bundesregierung

Das scheint nach viereinhalb Jahren Amtszeit und zwei Monate vor ihrem Ausscheiden jetzt auch Ministerin Alma Zadic so zu sehen. Im Ö1-Morgenjournal bestätigte sie am Mittwoch, nun zu überlegen, die “clamorosen” Fälle im Gesetz neu zu regeln. Diese Fälle künftig nicht mehr nach der Prominenz der betroffenen Person zu beurteilen, sondern nach der Brisanz des Falles selbst, halte sie künftig für einen “gangbaren Weg”. Es sei notwendig, sich die umfangreichen Berichtspflichten innerhalb der Justizhierarchie noch einmal anzuschauen.

Und jetzt kommt’s: Das wäre allerdings ein Projekt für die nächste Bundesregierung, so Zadic. In den verbleibenden Wochen der aktuellen Bundesregierung ginge sich eine solche Reform nicht mehr aus.

Als sei die Erkenntnis der Pilnacek-Kommission in Sachen “Zweiklassenjustiz” tatsächlich ein neues Phänomen. Die Ungleichbehandlung und “Promi-Paragrafen” sind älter als die Ministerin selbst.