Kiew massiv unter Druck: Soldaten und Munition gehen aus, Russen rücken vor
Kurz vor dem zweiten Jahrestag der Invasion hat Russlands Armee die Ukraine mit Raketen- und Drohnenangriffen überzogen und eine Reihe von Waffen aus dem Westen zerstört. Die Truppen rücken weiter nach Westen vor, während den ukrainischen Truppen die Soldaten und die Munition gegen die russische Übermacht ausgeht.
Nach der Einnahme von Awdijiwka rücken die russischen Truppen weiter nach Westen vor. Die Streitkräfte hätten eine Reihe von Waffen zerstört, die der Westen der Ukraine zur Verfügung gestellt habe, berichtete das russische Verteidigungsministerium. Darunter sieben von Großbritannien gelieferte Storm Shadow-Marschflugkörper, eine Flugabwehrrakete und ein Abschussfahrzeug vom US-Typ Patriot sowie 42 HIMARS-Raketen.
Russen zerstören erstmals US-Minenräumer und sorgen mit Raketenangriffen für „Horrornacht“
Überdies hat die Ukraine bei der Schlacht um Awdijiwka zum ersten Mal den US-Minenräumpanzer verloren. Die USA hatten ihre Lieferung von M1150-Minenräumern an Kiew zunächst geheim gehalten. Die Kettenfahrzeuge sollen Durchbrüche auf vermintem Gelände sichern.
Kurz vor dem zweiten Jahrestag der Ukraine-Invasion hat die russische Armee das Land erneut mit Raketen- und Drohnenangriffen überzogen. Allein in der südukrainischen Stadt Odessa sollen in der Nacht auf Freitag drei Menschen getötet worden sein. Aus der Region um die zentralukrainische Stadt Dnipropetrowsk meldete Gouverneur Serhij Lysak eine „Horrornacht“.
Ukrainische Verteidiger waren in Awdijiwka sieben zu eins unterlegen
Doch das ist nicht die einzige Hiobsbotschaft für Kiew. Nach zwei Kriegsjahren gehen der Infanterie der 59. Brigade Soldaten und Munition. Es wird immer schwieriger, sich gegen die die russische Übermacht zu verteidigen. Ein Sprecher der dritten Separatistenbrigade, einer der Einheiten, die versuchten, Awdijiwka zu halten, sagte, die Verteidiger seien zahlenmäßig sieben zu eins unterlegen.
Von den ursprünglich mehreren Tausend Soldaten der Brigade sind nur noch zwei Drittel im Einsatz, schätzt einer der Zugführer, der sich mit dem Kampfnamen „Tiger“ vorstellt, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die übrigen seien tot, verwundet oder aus Krankheits- oder Altersgründen nicht mehr im Dienst.
Schwere Wetterbedingungen, Grippe-Erkrankungen, zermürbende Grabenkämpfe
Zusätzlich verschlimmert wurde die Lage durch schrecklichen Bedingungen an der Ostfront: Der gefrorene Boden verwandelte sich bei den für die Jahreszeit ungewöhnlich warmen Temperaturen in dicken Schlamm, was sich negativ auf die Gesundheit der Soldaten auswirkte.
Die Kampfmoral der Verteidiger sei nach wie vor groß, heißt es von ukrainischer Seite. Doch das wechselhafte Wetter mache den Soldaten zusätzlich zu schaffen. „Das Wetter ist Regen, Schnee, Regen, Schnee“, sagt ein Kompanieführer mit dem Kampfnamen „Limousine“. Grippeerkrankungen setzten seine Leute vorübergehend außer Gefecht. „Es gibt niemanden als Ersatz. Das dringendste Problem in jeder Einheit ist der Personalmangel.“
An der Schwelle zum zweiten Jahrestag der Invasion vom 24. Februar ist Wladimir Putins Russland auf dem Vormarsch. Der Konflikt kombiniert zermürbende Grabenkämpfe, die an den Ersten Weltkrieg erinnern, mit einem Hightech-Drohnenkrieg, der Zehntausende von Maschinen in den Himmel schickt.
Moskaus gibt heuer 109 Milliarden Dollar für Verteidigung aus
Moskau kontrolliert in der Zwischenzeit fast ein Fünftel des ukrainischen Territoriums, einschließlich der 2014 annektierten Halbinsel Krim, auch wenn die Frontlinien des Krieges in den vergangenen 14 Monaten weitgehend stagniert sind. Ukrainische Beamte gaben an, dass ihre Streitkräfte etwa 800.000 Mann stark sind, während Putin im Dezember anordnete, die russischen Streitkräfte um 170.000 Mann auf 1,3 Millionen aufzustocken.
Abgesehen vom Personal übertreffen die Verteidigungsausgaben Moskaus die der Ukraine um ein Vielfaches. Für das Jahr 2024 sind 109 Milliarden Dollar für diesen Sektor vorgesehen, mehr als das Doppelte des ukrainischen Ziels von 43,8 Milliarden Dollar. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerov bezeichnete kürzlich in einem Schreiben an die EU das Defizit an Artilleriemunition in der Ukraine als „kritisch“ und forderte die Staats- und Regierungschefs auf, mehr zu tun, um die Versorgung zu verbessern. In seinem Schreiben heißt es, dass die Ukraine einen „absoluten kritischen Mindestbedarf“ von 6000 Artilleriegranaten pro Tag habe, seine Streitkräfte aber nur 2000 pro Tag abfeuern könnten, berichtet die Financial Times.
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