Klage gegen Österreich: Rom riskiert neue 12. Isonzo-Schlacht vor EuGH
Wird das wieder so eine dramatische Schlappe wie bei der 12. Isonzo-Schlacht im Oktober 1917? Die Regierung in Rom will nun Österreichs Anti-Transit-Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof bekämpfen. Den Italienern droht eine Niederlage – wie einst vor 106 Jahren bei der österreichischen Durchbruchsschlacht im I. Weltkrieg.
Tatsächlich: Die italienische Regierung will es also wissen. Damit spitzt sich ein jahrelanger Konflikt jetzt zu. Rom wird sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wenden und eine Klage gegen Österreich einreichen. Dies gab Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini nach einer Ministerratssitzung in Rom bekannt. Der Grund für Italiens Vorgehen: die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen.
Salvini hält Österreichs Transitverbote am Brenner für EU-rechtswidrig
Salvini bezeichnete die Entscheidung als „schwierig, aber zwingend“, und zwar aufgrund der Position der EU-Kommission und der fehlenden Möglichkeit, eine Verhandlungslösung zu finden. Der Lega-Nord-Chef hielt fest: „Erstmals in der Geschichte der italienischen Republik hat der Ministerrat den Rekurs beim EuGH in Luxemburg gegen die Transitverbote beschlossen, die die österreichische Regierung einseitig am Brenner aufgezwungen hat.“ Er fügte hinzu, dass dies ein „präzedenzloses Verfahren“ sei und dass sich auch andere Länder daran beteiligen würden.
Matteo Salvini attackiert Österreichs Vorgehen schon seit langem und bezeichnet es als EU-rechtswidrig. Tirols Anti-Transit-Maßnehmen umfassen etwa ein sektorales Fahrverbot und Blockabfertigungen. Aus Sicht von Salvini hätte die EU-Kommission von sich aus schon längst ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten müssen.
Italiens Außenminister bemüht sich in Optimismus
Doch Salvinis theatralische Ankündigung könnte sich als wahrer Rohrkrepierer entpuppen. Ausgerechnet heuer haben sich auf regionaler Ebene die Landeschefs von Bayern, Tirol und Südtirol – Markus Söder (CSU), Anton Mattle (ÖVP) und Arno Kompatscher (SVP) –bereits geeinigt. Im April präsentierten sie in Kufstein ein „Slot-System“ als gemeinsame Lösung.
Der italienische Außenminister Antonio Tajani bemüht sich unterdessen in Optimismus: „Ich hoffe, dass am Schluss eine Lösung gefunden wird“, erklärte er. Überdies pflege er weiterhin „gute Beziehungen“ zu Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg.
Eine ähnlich bittere Niederlage wie bei der Zwölften Isonzo-Schlacht hätte massive Folgen – für Italien
Eine Niederlage vor dem EuGH könnte für Italien ähnlich bitter werden, wie der Ausgang der Zwölften Isonzoschlacht während des Ersten Weltkriegs (24.–27. Oktober 1917). Damals unternahmen die italienischen Streitkräfte ihren letzten großen Angriff gegen die Mittelmächte – hauptsächlich Österreich-Ungarn. Die Front verlief entlang des Isonzo-Flusses. In der Folge konnten die Mittelmächte große Gebiete zurückerobern, darunter auch die strategisch wichtige Stadt Gorizia.
Zuvor hatte Österreich-Ungarn Italiens unvorbereiteten Streitkräften bei einem von Deutschland unterstützten Überraschungsangriff schwere Verluste zugefügt. Die Folgen waren einschneidend: Die italienische Armee zog sich zum Westen zur Piave-Front zurück. Es war ein schwerer Schlag für die Moral der Truppen und löste ein politisches Erdbeben in Italien aus. Oberbefehlshaber Luigi Cadorna wurde entlassen.
Jahrelange Streitigkeiten wären ein für allemal beendet
Genauso wie die Zwölfte Isonzo-Schlacht das Ende aller bisherigen Isonzo-Schlachten markierte, könnte auch das Verfahren vor dem EuGH die jahrelangen Streitigkeiten wegen Tirols Anti-Transitmaßnahmen ein für allemal beenden. In der Frage liegen sich Italien und Deutschland auf der einen Seite und Österreich auf der anderen schon seit Jahren in den Haaren. Einer der schärfsten Kritiker Österreichs ist aber immer Salvini gewesen. Gestützt auf Artikel 259 ruft er jetzt den EuGH an. Es wird sich zeigen, mit welchem Erfolg.
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