Kraftvolle Wien-Rede von Gernot Blümel: ÖVP geht in die Offensive
Mit Spannung war die Wien-Rede von Finanzminister und Landesparteichef Gernot Blümel am Mittwochabend erwartet worden. Doch von Krise keine Spur – stattdessen Aufbruchstimmung und Sachpolitik. Die Botschaft ist klar: Raus aus der Defensive.
Ort und Zeitpunkt für die Rede von Gernot Blümel waren nicht zufällig gewählt: Ein Jahr nach dem historischen Erfolg bei der Wien-Wahl inklusive Platz zwei versammelte sich die Landespartei am Mittwochabend im Schottenstift – jenem Ort, wo die Partei nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründet worden ist. Doch allzu sehr wollte Blümel nicht in der Vergangenheit schwelgen, sondern richtete den Blick sehr schnell auf die Gegenwart. “Die Art der politischen Kommunikation, wie man sie derzeit in Österreich erlebt, kannten wir bislang nur aus dem Ausland”, geht er mit der Wortwahl Oppositioneller hart in die Kritik.
Zuvor hatte sich bereits Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in seinen Grußworten besorgt darüber gezeigt, dass die Form der Angriffe gegen die ÖVP zunehmend aggressiver werde. Er plädierte: “Die Sacharbeit sollte in der Politik im Fokus stehen und keine Nabelschau.” Viel Lob gab es für die Arbeit der Partei, aber auch einen guten Rat: “Die ÖVP muss sich künftig diverser aufstellen, wenn sie noch mehr Menschen erreichen möchte.”
Auch Gernot Blümel zeigte sich in seiner Rede besorgt über das Meinungsklima – allerdings weniger in Bezug auf seine eigene Partei, sondern vor allem in Hinblick auf die gesellschaftliche Mitte: “Es ist absurd, dass manche glauben, dass sie die Rechte von Minderheiten nur stärken können, indem sie die Meinungsfreiheit beschränken.” Die breite Mitte finde sich oft in den Debatten nicht mehr wieder, etwa wenn es um das Binnen-I geht oder ob der Begriff Schwarzfahren noch zeitgemäß sei. Wenn man über den Tellerrand der Twitter-Blase hinausblickt, könne man sehen, dass sich ein demokratiepolitischer Pessimismus in Europa ausgebreitet habe.
Sein großer Gegner sei die Selbstzufriedenheit und die damit einhergehende Selbstverständlichkeit, wie man sie in der Wiener Stadtregierung bisweilen vorfindet. Keine Frage, die Stadt sei lebenswert, aber man könne sie noch besser machen (Stichwort: Verwaltung) – und das sei auch der Anspruch der ÖVP: “Wir wollen gestalten und nicht vernichten!” Deshalb möchte er die “Selbstzufriedenheit” der in Wien herrschenden Sozialdemokraten aufbrechen. Der Weg eines Konservativen in einer krisenhaften Situation sei klar: “Evolution statt Revolution”, zeigte sich Blümel entschlossen.
Es ist insbesondere der Mittelstand, den Blümel in seiner Rede öfter adressiert. Er fordert unter anderem eine Gebührenbremse, die Einführung von Tourismuszonen sowie den Ausbau von geförderten Eigentumswohnungen.
Gegen Ende der Ansprache wird Blümel emotional: Gelegentlich sei ihm vorgeworfen worden, dass er zu unnahbar wirke – das habe aber einen bestimmten Grund: “Ich wollte selber immer von Politikern regiert werden, von denen ich glaube, dass sie den Willen und die Kraft haben, die Probleme zu erkennen und zu lösen. Mir war dabei egal, ob die Person nahbar ist oder Schmäh hat. Ich brauche keinen Kasperl als Politiker.” Er wolle sich daher nicht verstellen, keine Rolle spielen, um allen zu gefallen: “Ich bin heute bestärkter als je zuvor, das zu tun, was aus meiner Sicht richtig und notwendig ist. Ich arbeite dafür mit meiner ganzen Kraft. Und sehr gerne. So bin ich. Und so bleibe ich”, schloss er seine rund 45-minütige Rede ab, die von den Anwesenden mit tosendem Applaus und standing ovations quittiert wurde. Krise? Keine Spur davon an diesem Abend.
Gäste des Abends
Neben Altbundeskanzler Wolfgang Schüssel waren auch weitere prominente Funktionäre und Mitglieder zu Gast, wie etwa die ehemalige ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat, Ex-Vizekanzler Erhard Busek und der frühere ÖVP-Landesvize Bernhard Görg. Bei den Gästen kam die Rede gut an: “Die kulturelle Verteidigung des Mittelstandes muss Inspiration für alle bürgerlichen Parteien Europa sein”, fassten etwa ÖVP-Landtagsabgeordneten Caroline Hungerländer und Laura Sachslehner ihre Eindrücke zusammen. “Gernot gibt der schweigenden Mehrheit eine Stimme.”
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