Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte erst vor wenigen Tagen in seiner abendlichen Video-Ansprache jenen Truppen, die rund um Awdijiwka im Einsatz sind. Er rief sie zum Durchhalten auf – offenbar vergeblich. Die russische Armee hat sich dazu entschlossen, an einem gut präparierten Frontabschnitt in die Offensive zu gehen. Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer führt das in einem Interview mit der deutschen F.A.Z. darauf zurück, dass die russische Luftaufklärung in diesem Bereich offenbar eine personell geschwächte Verteidigung erkannt hat. Die Ukrainer müssen zeitgliech auch im nordöstlichen Frontabschnitt nahe der Stadt Kupjansk im Gebiet Kharkiw russische Vorstöße ab. Ein Großteil der ukrainischen Streitkräfte wird unterdessen bei der Gegenoffensive im Süden des Landes eingesetzt.

Flanken massiv vermint

Laut Reisner versuchen die Russen die Stadt Awdijiwka in einer Zangenbewegung von Norden und Süden zu umfassen, um die ukrainischen Verteidiger vom Nachschub abzuschneiden. Eine ähnliche Taktik hatte man bei der Eroberung der heute weitgehend zerstörten Städte Mariupol und Bakhmut angewandt. Reisner zufolge haben die Russen derzeit aber Probleme, hinter die Stellungen der Ukrainer zu gelangen, da diese beide Flanken zuletzt massiv vermint haben.