Langzeitarbeitslose statt Arbeitskräfte: Die meisten Ukrainer arbeiten nicht
Österreich ging bei der Aufnahme ukrainischer Vertriebener sehr ungeschickt vor. Während in anderen EU-Staaten wie Dänemark, Polen und Schweden schon mehr als die Hälfte der Ukrainer einen Job hat, arbeitet hierzulande nur jeder dritte – trotz hohem Bildungsniveau. Die Anreize zum Nichtstun sind größer.
Die Hoffnungen waren groß: Nach Österreich waren infolge von Russlands völkerrechtswidriger Invasion besonders gebildete Ukrainer gelangt. 83 Prozent aller Vertriebenen in Wien hatten einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss. In der Ukraine selbst gilt das nur für 30 Prozent, etwas geringer als in Österreich war der Anteil auch in Polen mit 66 Prozent aller ukrainischen Bürger. Dennoch war Polen weit erfolgreicher bei der Integration von Ukrainern in den Arbeitsmarkt.
Aufgrund einer ungeschickten Integrationspolitik und gewisser Segnungen des Wohlfahrtsstaats verharren bis heute zahlreiche Ukrainer lieber in der Grundsicherung, als zu arbeiten. “Wir produzieren hier Langzeitarbeitslose”, kritisiert AMS-Vorstand Johannes Kopf gegenüber der “Presse”. Von einer “Inaktivitätsfalle” spricht Andreas Achrainer im “Profil”.
Nur 17.000 von 70.000 Ukrainern sind unselbstständig beschäftigt
Einer Analyse der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge befinden sich in Polen 65 Prozent, in Schweden 56 Prozent und in Dänemark stolze 78 Prozent der ukrainischen Bevölkerung in diesen Ländern bereits in einer Beschäftigung. In Österreich sind es nur 27 Prozent. Dieser Wert wird nur von Deutschland unterboten mit 19 Prozent. Der Wirtschaftsforscher Andreas Steinmayr (Universität Innsbruck) gelangt in seiner Untersuchung auf die etwas höhere, aber immer noch magere Beschäftigungsquote von 38 Prozent unter ukrainischen Vertriebenen in Österreich.
Feststeht: 17.000 ukrainische Staatsbürger waren im November 2023 unselbstständig beschäftigt, aber immerhin 70.000 laut Melderegister in Österreich ansässig. Das AMS verschickte kürzlich einen Brief an alle: “Die Reaktion war praktisch null” klagt Kopf. “Es gibt momentan offenbar kaum Interesse, mit uns zusammenzuarbeiten.”
Kopf fordert Sozialhilfe statt Grundsicherung und Zugang zum Arbeitsmarkt
Eine wesentliche Schuld sieht der AMS-Chef bei der Grundsicherung, die zuletzt 40.360 ukrainische Staatsbürger erhielten. Ukrainer sollten stattdessen die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung bekommen, denn deren Erhalt hängt von der Arbeitswilligkeit ab. Dann wäre die ukrainische Bevölkerung hierzulande auch verpflichtet, mit dem AMS zusammenzuarbeiten.
Bei der Grundversicherung wiederum besteht das Problem: Sobald man entsprechend dazuverdient, fällt sie weg. Der “Unsinn mit dem Zuverdienst in allen Bundesländern” gehöre schleunigst geregelt, sagt Kopf. Zurzeit verliert man seine Bezüge oder seine Wohnung, sobald man auch nur einen geringen Betrag verdient. Damit fehlt jeder Anreiz zu arbeiten.
Darüber hinaus haben ukrainische Vertriebene erst seit April 2023 freien Zugang zu Arbeitsmarkt. Im Gegensatz zu Dänemark benötigten sie in Österreich eine Beschäftigungsbewilligung. Nun dürften viele Ukrainer überdies länger als erwartet hier bleiben. Damit wir nicht erneut ewige Arbeitslose produzieren, sollte Österreich seine Politik umgehend ändern, fordert Kopf in der “Presse”.
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