Medienexperten stellen klar: Neues ORF-Gesetz gefährlich
Heftige Kritik am EU-weit einzigartigen Monopol des ORF hagelte es beim 23. Europa Forum Wachau. Mit Pflichtabgaben wird Meinungspluralismus unterdrückt, sagten die anwesenden Medienprofis, darunter eXXpress-Herausgeberin Eva Schütz. Hochgefährlich sei das auch für die Demokratie.
Scharfe Worte fielen bei der Podiumsdiskussion auf Stift Göttweig, als es um den ORF ging, und die Gesetzesnovelle, auf die sich die türkis-grüne Koalition geeinigt hat. „Ein Medienmonopol mit 800 Millionen Euro pro Jahr zu finanzieren, widerspricht der Idee einer pluralistischen Mediengesellschaft“, stellte eXXpress-Herausgeberin Eva Schütz klar. „Nur durch Pluralismus ist eine Demokratie stabil und zu wahren. Wie will man eine ausgewogene Medienlandschaft haben, wenn man ein Unternehmen so subventioniert – plus Werbeeinnahmen.“
Schütz: „Wir züchten einen hochpolitischen Monopolisten“
Zu einem ausgewogenen Meinungsspektrum in der Öffentlichkeit gehörten sehr linke, mittige und ebenso rechte Positionen – „auf jeden Fall verschiedene Positionen“. Doch diese Vielfalt sei nun in Gefahr, denn der ORF selbst ist nicht unpolitisch: „Der ORF ist hochpolitisch. Das ergibt sich aus dem ORF-Gesetz. Er ist ein per Gesetz politisch besetztes Gremium.“ Schütz verwies auf die Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrats. Vor diesem Hintergrund sei es „sinnlos zu behaupten, dass der ORF nicht politisch ist.“ Fazit: „Wir züchten uns einen hochpolitischen Monopolisten.“
Richard Grasl, CEO von Profil und stellvertretender Chefredakteur des Kurier, teilte beim Podiumsgespräch, das um die Zukunft der Printmedien kreiste, die Bedenken, speziell mit Blick auf die Medienvielfalt. Und er warnte deutlich vor dem neuen ORF-Gesetz: „Wenn das so kommt, wird es ist bei diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ein bis drei Jahren andere Marktteilnehmer nicht mehr geben. Damit werde die Meinungsvielfalt massiv eingeschränkt.
Zurzeit laufen zahlreiche heimische Medien Sturm gegen das neue ORF-Gesetz. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) wird bei der EU-Wettbewerbskommission eine Beschwerde gegen die geplante ORF-Gesetzesnovelle einlegen. Ein großes Problem besteht vor allem auf bei der Website des ORF (orf.at).
Der ORF hat eine Website, obwohl das ORF-Gesetz nur TV und Radio zulässt
Für Grasl steht fest: „Da stimmt etwa am Wettbewerbsmarkt nicht.“ Die blaue Website dringe „in das Geschäft der Verleger ein und ist mit Gebühren gefördert. Warum sollte man ein Kurier- oder NÖN-Abo abschließen, wenn auf orf.at ein seitenlanger Bericht über ein Thema steht, der genauso gut bei uns erscheinen könnte und für den wir unsere Journalisten auch bezahlen müssen. Das ist einfach nicht verständlich.“
Fakt ist: „Der ORF ist für Radio und Fernsehen gegründet worden.“ Beim Text- und Foto-Bereich brauche es Einschränkungen. „Das gib es in dem Ausmaß nirgendwo sonst in Europa.“
Enorme Summen für ein einziges Medienhaus fragwürdig
Das nächste Problem: Was man auf ORF1 und Ö3 sieht bzw. hört habe nichts mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag zu tun. Das könnten ebenso private Medienhäuser anbieten. Bei der Gesetzesnovelle habe man sich überhaupt nicht mit einer Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags auseinandergesetzt, kritisiert der stellvertretende Kurier-Chefredakteur.
Eva Schütz hackte nach: „Die blaue Seite ist ganz sicher nicht vom ORF-Gesetz umfasst. Das ist eigentlich rechtswidrig, was hier geschieht. Sie ist nicht im Gesetz vorgesehen.“ Das umfasse nur Radio und Rundfunk.
Bedenken äußerte auch Daniel Lohninger, Chefredakteur der Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN): „Der ORF ist ein sehr mächtiges Werkzeug.“ Die enormen Summen, die er erhält, erzeugten eine fragwürdige Botschaft: „Der einzig richtige Journalismus sei der des ORF, weil nur der so förderwürdig ist.“
Es droht Radikalisierung, wenn man bestimmte Meinungen nicht zulässt
Die übrige Presseförderung sei nur deshalb so üppig, weil auch der ORF so viel bekommt, ergänzt Schütz. „Schütz: Ohne Förderungen könnten die anderen Medien nicht überleben. Das Problem: Kommissionen, die über Förderungen entscheiden, sind ebenfalls politisch besetzt.“
Dass das Vorgehen gegen Fake News eine Existenzberechtigung für den ORF sei, bestritten alle Diskutanten. „In den privaten Medien haben wir denselben journalistischen Anspruch“, machte der NÖN-Chefredakteur klar.
Schütz warnte überdies davor, bestimmte Meinungen nicht mehr zuzulassen. Dann würde sich das Spektrum links und rechts eben radikalisieren. „Wenn Menschen nicht mehr ihre Meinungen sagen dürfen, ohne abgestraft zu werden, dann geschieht eine Radikalisierung.“
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