Mehrheit sagt: Die jüngsten Wien-Skandale haben Michael Ludwig geschadet
Der Wien-Energie-Skandal birgt Sprengstoff, dessen politische Folgen für Michael Ludwig (SPÖ) nach wie vor nicht absehbar sind. Den Reinfall auf den Fake-Klitschko hat der Wiener Bürgermeister hingegen politisch überlebt. Eines ist aber sicher: Beide Skandale haben seinem Image geschadet, wie eine Umfrage zeigt.
Als er im Mai 2018 Häupls Nachfolger als Wiener Bürgermeister wurde, galt Michael Ludwig als starker Mann der Sozialdemokratie. Dieses Image hat im vergangenen Jahr gleich mehrere Kratzer bekommen. Als einziger europäischer Politiker ist Ludwig auf ein russisches Komiker-Duo hineingefallen. Bis zuletzt hat er allen Ernstes geglaubt, mit dem echten Vitali Klitschko – dem Bürgermeister Kiews – zu sprechen. In Wahrheit war ein russischer Kabarettist per Video in das Rathaus zugeschaltet, der eine Reihe von höchst schrägen Aussagen machte. Unabsehbar sind darüber hinaus bis heute die Folgen des Skandals rund um Michael Ludwigs Wien Energie.
Dass das alles dem Image des Wiener Landeshauptmanns geschadet hat, das sehen auch die Österreicher so, wie eine neue INSA-Umfrage mit 1000 Teilnehmern zeigt. Mehr als die Hälfte – 51 Prozent – sagen: Die Skandale haben Michael Ludwig geschadet bzw. eher geschadet.
Auswertung von Michael Ludwigs Diensthandy steht aus
Sprengkraft birgt nach wie vor der Wien-Energie-Skandal. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) prüft einen Anfangsverdacht gegen Michael Ludwig. Laut einem Prüfbericht steckte das Wiener Unternehmen bereits seit 2021 in Geldnot, doch Ludwig schwieg. Im vergangenen Jahr hat der Wiener Bürgermeister dann mehrfach von seiner “Notkompetenz” Gebrauch gemacht, wie der eXXpress berichtete. Im Alleingang hat er der strauchelnden Wien-Energie zwei Überbrückungskredite in Höhe von je 700 Millionen Euro zugeschanzt. Zuvor hatte sich der städtische Energie-Versorger an der Strombörse verzockt und war massiv ins Trudeln geraten.
Die Oppositionsparteien vermuten, dass Ludwig schon Wochen vorher über die missliche Lage der Wien-Energie Bescheid wusste und vorsätzlich niemanden informiert hat. Das Thema ist auch Gegenstand eines Untersuchungsauschusses im Wiener Gemeinderat. Um Details zu erhalten, fordern ÖVP und FPÖ die Auswertung von Ludwigs Diensthandy.
Der Bürgermeister ziert sich: “Es gibt eine rechtliche Prüfung über Datenschutz und über die Rechte Dritter. Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Tagen entschieden wird”, sagte Ludwig zu “Wien heute”. Erst dann wolle er sein Handy zur Verfügung stellen.
Experten: Risikomanagement von Wien Energie ungenügend
Ein negatives Zeugnis stellten dem Wien-Unternehmen auch drei Branchenexperten bei der zweiten Sitzung der Untersuchungskommission im Wiener Rathaus aus. Alle erklärten einhellig: Das Risikomanagement der Wien Energie war mangelhaft.
Für Wirtschaftswissenschaftler Michael Böheim vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), zeichneten sich die Verwerfungen am Energiemarkt bereits im Oktober 2021 ab. “Wer damals nichts gesehen hat, war schon im Winterschlaf”, sagte Böheim.
Ähnlich äußerte sich der frühere Verbund-CEO Wolfgang Anzengruber. “Beim Verbund wäre eine offene Position ein Entlassungsgrund gewesen.” Jedenfalls hätte man bei der Wien Energie bereits viel früher reagieren und entsprechende Geldmittel zur Verfügung stellen müssen.
Peinliches Fake-Klitschko-Video
Der Ausflug in die Außenpolitik hat dem Wiener Bürgermeister auch nicht gut getan. Michael Ludwig ließ sich von einem Kabarettisten, der sich als Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko ausgab, maßregeln und nahm sogar Befehle, wie das Heben der Flagge, entgegen. Rätselhaft ist bis heute, wie das Büro des Bürgermeisters bis zum Schluss des Video-Calls nicht erkennen konnte, dass es sich um einen Fake-Anruf handelte. Das mittlerweile vorliegende Video zeigt: Der Kabarettist forderte Bürgermeister Ludwig gleich zu Beginn auf, die Automarke “Lexus” hoch leben zu lassen und dazu in die Luft zu springen. Das ist in Politiker-Calls dann doch mehr als ungewöhnlich.
Was ebenfalls irritierte: Der falsche Klitschko wollte vom Wiener SPÖ-Bürgermeister, dass er für den bekannten ukrainischen Nazi-Führer Stepan Bandera ein Festival in der Staatsoper planen soll. Weder wies das Michael Ludwig brüskiert zurück, noch beendete er sofort das Gespräch – weil ihm offenbar der Name des Faschisten, Kriegsverbrechers und Nazi-Kollaborateurs nicht vertraut war.
Auch andere Video-Passagen sorgten für Stirnrunzeln. Der Wiener Bürgermeister präsentiert sich sehr leichtgläubig, um nicht zu sagen vertrauensselig. Bevor der Schwindel aufflog berichtete er noch auf Twitter von seinem Austausch mit Klitschko. Das russische Komiker-Duo hatte auch andere europäische Politiker zuvor und danach kontaktiert, doch allen war während des Gesprächs früher oder später der Schwindel aufgefallen.
Ludwig hat den Reinfall politisch überlebt – aber er hinterlässt eine schiefe Optik.
Kommentare