Auch der dritte Versuch der italienischen Rechtsregierung, eine Gruppe von Mittelmeerflüchtlingen in Auffanglagern in Albanien unterzubringen, wird von der italienischen Justiz gestoppt. Die Oppositionsparteien prangern nun die leeren Aufnahmezentren in Albanien an und fordern deren sofortige Schließung. Die Regierungschefin hält jedoch am “Modell Albanien” fest. Ihre Partei sieht “politisch beeinflusste Richter”.

Ein Berufungsgericht in Rom hatte am Freitagabend entschieden, dass die 43 Männer freigelassen und von Albanien nach Italien gebracht werden müssen. Sie haben Albanien bereits verlassen und sollen Medienberichten zufolge bereits am heutigen Samstag in der süditalienischen Hafenstadt Bari eintreffen.

Ein Schiff mit 49 Migranten an Bord auf dem Weg nach Albanien – und wieder zurück. Premierministerin Meloni unterzeichnete im November 2023 ein Abkommen mit ihrem albanischen Amtskollegen Edi Rama über die Eröffnung von zwei von Italien geführten Zentren auf der anderen Seite der Adria in Albanien.APA/AFP/Adnan Beci

"Melonis Koalition lässt sich nicht einschüchtern"

Die Migranten aus Bangladesch, Ägypten, Gambia und Cote d’Ivoire (Elfenbeinküste) waren diese Woche von einem Schiff der italienischen Marine aufgenommen und dann nach Albanien gebracht worden. Dort hat die Regierung Meloni zwei Lager errichtet, in denen außerhalb Italiens und damit außerhalb der EU italienische Beamte im Schnellverfahren über Asylanträge entscheiden sollen. Sechs Männer durften bereits nach Italien einreisen. Alle anderen Anträge wurden abgelehnt.

Melonis Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens/FdI) beklagte, dass “politisch beeinflusste Richter” mit ihren Beschlüssen ihrer Regierung Steine in den Weg legten. Dies würden auch die Justizermittlungen bezeugen, die diese Woche gegen Meloni und drei andere Regierungsmitglieder wegen der Abschiebung eines libyschen Polizeichefs vergangene Woche aufgenommen worden seien. “Melonis Koalition lässt sich nicht einschüchtern und wird weiterhin ihre Arbeit im Interesse Italiens fortsetzen”, betonte der FdI-Fraktionschef in der Abgeordnetenkammer, Galeazzo Bignami.

Meloni will an ihrem Vorhaben festhalten

Die Regierung wartet jetzt auf ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Februar zum Vorgehen der italienischen Behörden. Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der außerhalb der EU solche Lager errichtet hat. Die Zukunft des “Albanien-Modells” wird von anderen europäischen Regierungen, darunter Österreich, genau verfolgt. Seit vielen Jahren gehört Italien zu den EU-Ländern, wo besonders viele Migranten ankommen. Laut den geltenden EU-Regeln ist Italien als Erstankunftsland dann auch für deren Asylverfahren zuständig.

Migranten, die in italienischen Gewässern aufgegriffen wurden, gehen im albanischen Hafen Shengjin von Bord. APA/AFP/Adnan Beci

Trotz der vielen Hürden will die Regierung Meloni am “Albanien-Modell” festhalten. “Die Regierung wird den Kampf gegen die illegale Einwanderung fortsetzen, indem sie ihren Plan zur Bearbeitung von Asylanträgen in Albanien als Teil eines Modells zur Schaffung regionaler Zentren, das von den europäischen Partnern unterstützt wird, fortsetzt”, verlautete aus dem Innenministerium in Rom am Samstag.

“Die Regierung wird in der Überzeugung voranschreiten, dass der Kampf gegen die illegale Einwanderung der richtige Weg ist, um die Geschäfte der skrupellosen Schlepper zu bekämpfen”, hieß es. Das Protokoll zwischen Rom und Tirana über die beschleunigte Bearbeitung von Asylanträgen in den von Italien geleiteten Migrantenzentren in Albanien sei europaweit ein Beispiel für eine “innovative Zusammenarbeit” mit einem Drittland im Kampf gegen die illegale Einwanderung, hieß es.

Opposition fordert Aus für Auffanglager

Kritik kam von der linken Opposition, die ein sofortiges Ende für das Modell fordert. “Melonis Albanien-Modell funktioniert nicht. Die Migrantenzentren, die 1.500 Personen aufnehmen sollten und Italien 800 Millionen Euro kosten, sind ein Wahnsinn und müssen sofort geschlossen werden, weil das System einfach nicht funktioniert”, kritisierte der Vorsitzende der Oppositionspartei Azione, Carlo Calenda. Die Opposition rief Meloni auf, sich vor dem Parlament zu rechtfertigen und sich zur Zukunft der umstrittenen Zentren in Albanien zu äußern. Die Sozialdemokraten (Partito Democratico/PD) meinten, die in Albanien “verschwendeten Ressourcen” sollten stattdessen für das öffentliche Gesundheitssystem in Italien ausgegeben werden.