Meloni: „Sind keine Gefahr für die Demokratie, sondern für die Macht der Linken“
Giorgia Meloni, Parteichefin der „Fratelli d’Italia“ (Brüder Italiens), liegt in den Umfragen vorne, sie könnte die nächste Ministerpräsidentin Italiens werden. Internationale Medien warnen vor einem Sieg des Faschismus. Hinter diesen Vorwürfen sieht Meloni Unkenntnis und – vor allem – böse Absicht: „Wir sind konservativ.“
Giorgia Meloni lässt keinen Zweifel daran, wo sie die „Brüder Italiens“ im politischen Spektrum verortet: „Wir sind eine Partei der italienischen Konservativen. Wir glauben an die Freiheit der Person, an die zentrale Bedeutung der Familie. Wir glauben an die italienische, europäische und westliche kulturelle Identität, an Privatinitiative und an soziale Solidarität.“
Um den weiteren Zustrom von Migranten nach Italien zu beenden, fordert die Partei-Vorsitzende darüber hinaus eine europäische Marinemission im Einvernehmen mit den libyschen Behörden und die Einrichtung von „Hotspots“ auf afrikanischem Territorium.
Hinter den Faschismus-Vorwürfen sieht der aufstrebende Stern von Italiens Rechten entweder Unkenntnis oder – und das wesentlich häufiger – böse Absicht, wie Meloni im Interview mit der FAZ unterstreicht.
Faschistisches Schreckgespenst aus Angst vor dem Machtverlust der Linken?
Seit Wochen warnen die Medien von einer „postfaschistischen“ Bewegung in Italien. Angeblich distanziere sich Meloni zu wenig von „Duce“ Mussolini. Immer mehr Beobachter fragen sich dabei: Wird hier nur das Schreckgespenst des Faschismus an die Wand gemalt, weil einige den Machtverlust der Linken in Italien fürchten? Ähnliches hatte schon der mittlerweile verstorbene Philosoph Rudolf Burger über die österreichische Innenpolitik gesagt: „Der Faschismus bricht in Österreich dann aus, wenn die SPÖ nicht in der Regierung sitzt“, erklärte er Anfang 2018 gegenüber der „Presse“.
„Der Faschismus-Vorwurf missachtet die Entwicklung der italienischen Rechten“
Die Bezeichnung „postfaschistisch“ missachte die geschichtliche Entwicklung der italienischen Rechten, sagt Meloni, denn diese haben „den Faschismus schon vor Jahrzehnten der Geschichte übergeben und die Abschaffung der Demokratie, die schändlichen antijüdischen Gesetze, die Tragödie des Weltkriegs unmissverständlich verurteilt“. Damals hieß die Partei der italienischen Rechten noch „Alleanza Nazionale“ (Nationale Allianz), Gianfranco Fini war ihr Parteichef und an mehreren Regierungen beteiligt.
Aus einer christdemokratischen Partei hervorgegangen
Danach habe man „eine geeinte Mitte-rechts-Partei gegründet“, erzählt Meloni. Das war „Il Popolo della Libertà“ (Das Volk der Freiheit), die zur christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) gehörte. Als Angehörige dieser Partei war Meloni Ministerin für Jugend und Sport im vierten Kabinett Silvio Berlusconis von 2008 bis 2011. Gemeinsam mit anderen Parteimitgliedern und anderen Personen aus der Tradition der politischen Rechten hat Giorgia Meloni schließlich die heutige Partei „Brüder Italiens“ gegründet.
Keiner nennt die italienischen Linken „postkommunistisch“
Für Meloni steht fest: „Wir waren nie eine Bedrohung für die Demokratie, und wir werden dazu auch jetzt nicht werden. Wohl aber stellen wir eine Bedrohung dar für das Machtsystem der italienischen Linken, die seit Jahren an der Regierung ist, ohne zuvor die Wahlen gewonnen zu haben. Und übrigens nennt sie niemand jemals ‚postkommunistisch‘, obwohl sie historisch aus der stärksten prosowjetischen Partei im Westen hervorgegangen sind (der Kommunistischen Partei Italiens, Anm. der Redaktion).“
Meloni ist seit September 2020 Vorsitzende der Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR), die zwei Ministerpräsidenten – in Polen und in Tschechien – stellt. „Und ich bin stolz auf die enge Zusammenarbeit mit den Torys in Großbritannien, den Republikanern in den USA und dem Likud in Israel.“
Fazit: „Wer uns als Barbaren bezeichnet, kennt uns entweder nicht oder tut das – fast immer – aus böser Absicht.“
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