Kurz vor dem Besuch des deutschen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) sorgt ein Medienbericht über eine angebliche diplomatische Degradierung Italiens durch die deutsche Regierung für Aufsehen in Rom. Die deutsche Tageszeitung Welt berichtete, dass in einem frühen Entwurf des Koalitionsvertrags von Union und SPD Italien als wichtiger Partner und Mitglied einer erweiterten europäischen Achse mit Deutschland, Frankreich und Polen stand.

Im finalen Vertrag aber werde Rom in dem Kontext nicht mehr erwähnt. Nach Informationen der Zeitung soll auf Drängen der SPD auf die explizite Nennung Italiens verzichtet worden sein.

Vor dem Empfang von Merz am Samstag bei Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der rechten Partei Fratelli d’Italia waren einige hochrangige Politiker in Rom empört über die Nachricht. „Das ist eine antieuropäische Entscheidung der deutschen Sozialdemokraten”, sagte Außenminister Antonio Tajani von der konservativen Forza Italia, dem kleinen Partner in Melonis Dreier-Koalition. „Wenn sie versuchen, Europa zu spalten, das in diesem Moment eigentlich geeint werden müsste, dann machen sie einen sehr schweren Fehler.”

Deutschlands neuer Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).IMAGO/IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Regierungssprecher spielt Bericht herunter

Ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes dementierte indes den Bericht und erklärte, dass Italien regelmäßig als Mitglied bei Treffen im sogenannten Weimar-Plus-Format willkommen war und auch weiterhin sei. Zuletzt etwa sei Italien bei zahlreichen Zusammenkünften dabei gewesen. Die Gruppe ist eine Erweiterung des sogenannten Weimarer Dreiecks, einem diplomatischen Forum mit Vertretern aus Deutschland, Frankreich und Polen.

Zur Genese des Koalitionsvertrags könne der Sprecher nichts sagen. Der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Meyer ergänzte, Italien habe für die Bundesregierung eine hohe Priorität und man sei mit Rom in unterschiedlichsten Formaten im „ganz engen Austausch“. Ein SPD-Sprecher teilte auf Anfrage mit, dass Italien „ein wichtiger Partner“ sei und das Thema in der Gruppe der Hauptverhandelnden keine Rolle gespielt habe.

Italiens Europaminister: „sehr ernster Vorfall“

Die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley, eine der Verhandlerinnen in der Koalitionsarbeitsgruppe Europa, sagte der Welt, die explizite Erwähnung des Weimarer Dreiecks ergebe sich aus der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber den zwei Nachbarländern.

Italiens Europaminister Tommaso Foti von Melonis Partei Fratelli d’Italia sprach von einem „besorgniserregenden” Zeitungsbericht und einem „sehr ernsten Vorfall”. Er fürchte einen “Schaden, der nicht eine Regierung betrifft, sondern eine ganze Nation”.

Die Zusammenarbeit der zwei EU-Gründungsstaaten wird am Samstag ein Thema sein beim Treffen von Meloni mit Merz in Rom. Der CDU-Politiker ist erstmals als Kanzler in Rom. Bereits am Freitag hatten sich die zwei Regierungschefs bei einem europäischen Gipfel in der albanischen Hauptstadt Tirana gesehen und miteinander geplaudert.