„Wir hatten sie bereits“, behauptete SPD-Chefin Saskia Esken im ZDF-Polit-Talk „Berlin direkt“. Gemeint war die Migrationswende. Die, von der keiner etwas bemerkt hat, die aber angeblich alles besser gemacht hat. Während Kommunen und Städte um Hilfe rufen – und sogar SPD-Mitglieder die Nerven verlieren – erklärt Esken: Alles halb so wild!

Besonders pikant: Ausgerechnet mit ihrer Partei will Merz regieren. Er macht die Asyl-Wende sogar zur Bedingung.

Der Mann, der die Wende fordert, und die Frau, die sie schon gesehen hat – was soll da schon schiefgehen?

Die beiden Koalitionsverhandler Friedrich Merz (l.) und Saskia Esken (r.) ziehen offenbar an einem Strang – allerdings in die entgegengesetzte Richtung. APA/AFP/RALF HIRSCHBERGER

Asylgrundrecht heilig – neue Lösungen? Bloß nicht!

Klar sei, erklärte Esken, dass die SPD am Grundrecht auf Asyl festhalte. Das wolle auch niemand abschaffen. Doch konkrete Vorschläge wie die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten – wie sie Dänemark oder Großbritannien andenken – lehnt Esken kategorisch ab. „Hat überall nicht funktioniert.“

Nur: Das stimmt nicht. ZDF-Moderatorin Diana Zimmermann korrigierte höflich – der britische Plan nach Ruanda wurde noch gar nicht umgesetzt. Doch Esken blieb dabei: Bloß keine Experimente!

Zahlen sinken – aber nicht wegen der SPD

Dass zuletzt weniger Migranten kamen, verkauft Esken als SPD-Erfolg. Doch Experten verweisen auf die Schließung der Balkanroute, etwa von Serbien nach Ungarn, ohne erkennbaren Zusammenhang mit der SPD-Politik. Doch das störte Esken nicht – sie sprach lieber von „mehr Ordnung“ und „starken Zurückweisungen“.

Merz gut gelaunt mit Esken: Migrationswende, ja, nein – egal? Irgendwie wird es sich schon ausgehen!APA/AFP/POOL/Odd ANDERSEN

Die eigene Partei rebelliert – gegen Esken

Doch nicht nur Bürger verlieren das Vertrauen. Auch in der SPD rumort es gewaltig. Im Wahlkreis Freudenstadt – also Eskens eigener Heimat – forderte SPD-Fraktionschef Gerhard Gaiser: Keine Ministerin Esken! Auch andere rote Granden, wie der Fürther Bürgermeister Thomas Jung, rieten ihr: Bitte nicht ins Kabinett! Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange mahnte gar eine neue Parteiführung an.

Merz will die Wende – mit der Frau, die sie schon gesehen hat

Ganz anders CDU-Chef Friedrich Merz: Er fordert öffentlich eine „Migrationswende“. Doch mit wem will er das verhandeln? Ausgerechnet mit der SPD – also mit einer Chefin, die behauptet, diese Wende sei längst geschehen. Ein Koalitionspartner, der gar keinen Reformbedarf sieht?

Da fragt man sich: Hat Merz den falschen Partner – oder Esken die falsche Realität? Vielleicht beides.