Mileis Kettensägen-Minister: „Hohe Steuern bedeuten weniger Wohlstand"
Argentinien hat den radikalsten Staatsumbau seiner Geschichte erlebt – mit einer Kettensäge als Symbol. Unter Präsident Javier Milei streicht Minister Federico Sturzenegger tausende Gesetze, baut Bürokratie ab und senkt Steuern. Im Interview mit der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria erzählt der „Glücks-Minister”, wie er das gemacht hat – und wie ein Staatsabbau auch hierzulande gelingen kann.
„Das ist Glück – wenn man das eigene Geld wieder selbst verwenden kann, für das, was man wirklich will“, sagt Federico Sturzenegger, Minister für Deregulierung, im Gespräch mit Franz Schellhorn.Screenshot / YouTube / Agenda Austria
Vor fast zwei Jahren kam der bekennende Anarcho-Kapitalist Javier Milei in Argentinien an die Macht. Mit ihm hielt die legendäre Kettensäge Einzug in den Staat. Die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria interviewte jetzt den Mann hinter den radikalen Streichungen von Staatsbeamten und Ministerien: Federico Sturzenegger, Minister für Deregulierung und Staatsreform.
Der „Kettensägen-Minister“ hat in Argentinien Bürokratie abgebaut, Märkte dereguliert und zahlreiche Gesetze gestrichen. Insgesamt wurden die Staatsausgaben um 30 Prozent reduziert – und die Steuern um 5 Prozent gesenkt.„Das ist Glück – wenn man das eigene Geld wieder selbst verwenden kann, für das, was man wirklich will“, sagt Sturzenegger – und erklärt damit, warum er sich selbst „Glücks-Minister“ nennt.
Wenn Bürokratie absurd wird: Die Wassermelonen-Geschichte
Im Interview mit Franz Schellhorn, dem Leiter des Thinktanks, erzählt Sturzenegger, dass er im Fernsehen dazu aufrief, Menschen sollten ihm schreiben, wie die Regierung ihr Leben schwer macht.
Daraufhin meldete sich ein Wassermelonen-Verkäufer – mit einer unglaublichen Geschichte:
Die Lebensmittelbehörde zwang ihn, die Früchte auf eine bestimmte Art zu verpacken, obwohl seine ausländischen Kunden eine andere Verpackung verlangten.
Zehn Jahre lang kämpfte der Mann vergeblich gegen die Vorschrift. Schließlich wurde er erfinderisch:
Er verpackte die Wassermelonen gemäß den staatlichen Regeln, ließ das Schiff auslaufen – und schickte danach ein kleines Boot hinterher, um die Früchte auf hoher See wieder umzupacken. „Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte“, kommentiert Sturzenegger.
Als der Minister den Fall überprüfte, stellte sich heraus: Das Gesetz stammte aus den 1980er-Jahren – völlig veraltet. Sturzenegger schaffte die Regelung ab.
„Argentinien ist eine Status-quo-Gesellschaft“
Schellhorn wollte wissen, wie Mileis Regierung es schaffte, innerhalb von 18 Monaten tausende Gesetze abzuschaffen.
Die Antwort: Man hatte zwei Jahre vorher begonnen, an den Streichungen zu arbeiten.„Ich fragte mich damals: Warum scheitert Argentinien immer wieder? Und ich kam zu dem Schluss: Weil Argentinien eine Status-quo-Gesellschaft ist. Es gibt mächtige Interessengruppen, die sich ihre Privilegien sichern – und dafür ein juristisches Bollwerk errichten“, erklärt Sturzenegger.
Privilegien seien in Argentinien tief verankert und durch unzählige Gesetze geschützt gewesen.„Wenn man dieses juristische Konstrukt aufsprengt, richtet man sich natürlich gegen sehr mächtige Interessen. Man muss das deshalb ein bisschen wie eine Überraschungsoperation durchführen. Man kann nicht sagen: ’Lasst uns darüber reden, Schritt für Schritt‘“, so der Minister.
Ein Professor kämpft gegen das Gesetz – im wahrsten Sinn
Damals war Sturzenegger noch Professor an der Universität San Andrés.
Mit einem kleinen Team aus Studenten und Juristen las er alle Gesetze des Landes und klassifizierte sie.
Für jedes Gesetz wurde ein Vorschlag erstellt, wie es geändert oder gestrichen werden sollte – „immer mit dem Ziel, Monopole zu beseitigen, Wettbewerb zu fördern und wirtschaftliche Freiheit zu stärken.“
Schellhorn bemerkte daraufhin: „Auch in Österreich haben wir eine Art Status-quo-System.“ Was würde der argentinische Minister empfehlen?
Sturzenegger antwortete: „Es ist entscheidend, einen Staatschef zu haben, der wirklich an Deregulierung und Freiheit glaubt. Man muss, wie in Argentinien, die Entbürokratisierung vorbereiten – und dann mit einem großen Knall umsetzen.“
Ein Staat wie die Schale eines Apfels
Später im Gespräch formuliert der „Glücks-Minister“ seine Vision klar und bildhaft:„Unser Ziel ist, dass der Staat wie die Schale eines Apfels funktioniert – dünn, flexibel, nur dort, wo er gebraucht wird.“
Hohe Steuern bedeuteten laut Sturzenegger immer weniger Wohlstand.
Und warum Politiker sich mit der Entbürokratisierung schwertun, erklärt er so:„Wenn man also den Staat verkleinert, ist das eine Belastung für Politiker, aber eine Entlastung für die Menschen.“
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