Milizverband warnt: Österreich könnte nicht einmal einen Tag lang durchhalten
Auf die Frage, wie lange Österreich einen Angriffskrieg abwehren könnte, wollte Brigadier Erich Cibulka eigentlich keine Antwort geben. Aber jeder kann zwischen den Zeilen lesen. Wörtlich sagte er: “Ich beantworte diese Frage nicht, weil es sich um Geheimnisse handelt, aber möglicherweise handelt es sich nicht um Tage.”
Die Plattform “Wehrhaftes Österreich” fordert die Wiedereinführung einer Übungspflicht für Milizsoldaten. Neben einer personellen Aufstockung und einer Budgeterhöhung sei sie der wichtigste Pfeiler zur Aufwertung des Bundesheeres, sagte Brigadier Erich Cibulka bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. “Würden wir alle Personen mobilisieren, hätten die noch immer im Ernst-Happel-Stadion Platz”. Der Brigadier fordert die Rückkehr zu einem acht-monatigen Präsenzdienst.
Auf die Journalistenfrage, wie lange Österreich einem Angriffskrieg standhalten könnte, wollte der Militär-Experte nicht eingehen. Doch seine Antwort spricht für sich, und ebenso die übrigen Zahlen, die bei der Pressekonferenz präsentiert wurden.
Viele Milizsoldaten haben nicht einmal eine Uniform
Von den insgesamt 55.000 Personen, die das Bundesheer als Mannstärke angibt, seien der Großteil Milizsoldaten, viele davon besitzen nicht einmal eine Uniform. Sie könnten den Schutz in ganz Österreich überhaupt nicht sicherstellen, unterstreicht Cibulka. Die Berufssoldaten machen im Milizsystem nur einen kleinen Teil aus, der Rest brauche Übungen. Doch diese verpflichtenden Milizübungen waren 2006 vom damaligen Verteidigungsminister und heutigen Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) abgeschafft worden.
Arbeitergeber müssten sich wegen der Milizübungen keine Sorgen machen: “Milizsoldaten sind nur 0,6 Prozent der arbeitenden Bevölkerung”, sagte Brigadier Johannes Kainzbauer. Krankenstände würden zu deutlich mehr Ausfällen für Arbeitgeber führen.
Eigentlich müsste ein neutraler Staat ein besonders hohes Wehrbudget haben
Eigentlich müsste Österreich als neutraler Staat besonders viel in seine Landesverteidigung investieren, noch mehr als NATO-Staaten, unterstreicht Brigadier Cibulka im Gespräch mit dem eXXpress: “Das wäre eigentlich die Logik.” Denn NATO-Staaten könnten sich im Gegensatz zu neutralen Ländern darauf verlassen, dass ihnen andere Staaten zu Hilfe eilen.
Das geschehe beispielsweise auch in der Schweiz: Zwar klingt der Anteil von 0,8 Prozent am BIP für das Heeresbudget nach nicht viel, allerdings sei das BIP in der Schweiz auch erheblich höher. Deshalb machten diese 0,8 Prozent in Euro mehr aus als die 2 Prozent von Estland.
Wehrwille der Österreicher sollte gestärkt werden
In Österreich kann von einem ausreichenden Heeresbudget ohnehin nicht die Rede sein. So fehlen auch für Truppenübungen die nötige Ausstattung und das Geld. Zudem solle der Präsenzdienst wieder auf acht Monate verlängert werden. Sechs Monate Grundausbildung und zwei Monate Truppenübungen, diese könnten bis zu zehn Jahre nach der Grundausbildung stattfinden. “Das ist im gesamtstaatlichen Interesse und ich erwarte mir deshalb die Zustimmung aller politischen Parteien”, sagte Kainzbauer.
Unter Tanner wurde die Möglichkeit von drei freiwilligen Miliz-Monaten, also das 6+3-System, etabliert. Angesichts des Ukrainekrieges wurde über die Wiederaufnahme verpflichtender Milizübungen diskutiert. ÖVP und Grünen lehnten ab.
Worauf die Plattform “Wehrhaftes Österreich” ebenfalls aufmerksam macht: der geringe “Wehrwille” der Österreicher, der unbedingt gestärkt werden müsste. Laut Umfragen seien weniger als 25 Prozent der jungen Österreicher bereit, ihr Land zu verteidigen, berichtet Ludwig Bieringer, Bundesobmann des Kameradschaftsbundes.
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