„Mir ist fad“: Wiens Grünen-Chef enthüllt, wie Jelinek Patientenanwalt wurde
Besonders intransparent verlief diesmal die Bestellung des neuen Wiener Patientenanwalts. Allmählich tritt ans Tageslicht, aufgrund welcher Qualifikationen der ehemalige Handelsrichter Jelinek (65) das Rennen für sich entscheiden konnte: Er bat Bürgermeister Ludwig (SPÖ) um einen Posten, „wenn irgendwo einer übrig bleibt“.
Seit kurzem steht fest: Wiens neuer Patientenanwalt, der am 1. Juli sein Amt antreten wird, ist Gerhard Jelinek, der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichtes Wien. Seine Vorgängerin, die Grüne Sigrid Pilz, war nach zwei Funktionsperioden nicht mehr verlängert worden. Vorausgegangen war der Entscheidung ein höchst intransparentes Verfahren nach besonders kurzer Bewerbungsfrist – der eXXpress berichtete.
Grünen-Chef Kraus: „Gefährliche Hinterzimmerpolitik“
Jelinek ist erfahrener Jurist, was für diese Funktion zweifelsohne von Vorteil ist. Er sehe seine Rolle als Vermittler zwischen Patienten, Heimbewohnern und Gesundheitswesen, erklärte er in einer ersten Pressekonferenz. Nur mit dem Wiener Gesundheitswesen hat er sich bisher nie befasst. Das ist insofern keine Kleinigkeit, als selbst Insider Jahre gebraucht haben, bis sie da den Durchblick haben.
Dass die Wahl Jelineks auf seinen Kontakt zu Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zurückzuführen ist, bestätigt nun der Chef der Wiener Grünen Peter Kraus. Im Interview mit dem „Kurier“ berichtet er: „Als sich Jelinek den Parteien präsentiert hat, hat er erzählt, wie er zu dem Job kam: Er habe dem Bürgermeister gesagt, dass ihm in der Pension fad sei und er gerne einen Posten übernehme, wenn irgendwo einer übrig bleibe. Und da sitzt er nun. Auch das ist ein Ausdruck dieser gefährlichen Hinterzimmerpolitik.“
Null Transparenz, trotz Anti-Korruptionsvolksbegehren
Den letzten Punkt kritisieren tatsächlich alle Parteien in Wien, zumindest solange sie in Opposition sind. 2017, als Pilz ein zweites Mal zur Patientenanwältin gewählt wurde, damals noch unter rot-grüner Stadtregierung, erklärte NEOS-Gesundheitssprecher Stefan Gara: Wer Patientenanwalt wird, „das schnapst sich die rot-grüne Stadtregierung hinter verschlossenen Türen aus“. Und: „Offensichtlich ist Postenschacher zwischen SPÖ und Grünen wichtiger.“ Damals waren die NEOS allerdings noch in Opposition.
Die Vorgangsweise der Stadt Wien im Jahr 2022 ist doppelt bemerkenswert: Mittlerweile sind „Sideletter“ eigentlich verpönt, SPÖ-Politiker haben sich in der Zwischenzeit für das Anti-Korruptionsvolksbegehren stark gemacht und überdies bei Postenbesetzungen auf Bundesebene politische Einflussnahme der ÖVP scharf kritisiert. Nur auf Landesebene in Wien, bei nicht-politischen (!) Ämtern wie der Leitung der Patientenanwaltschaft, pfeift die rot-pinke Stadtregierung anscheinend auf das, was sie ansonsten gerne fordert.
Neuerlich kein öffentliches Hearing
24 Personen haben sich dieses Jahr für diesen Posten beworben. Ein öffentliches Hearing hat – neuerlich – nicht stattgefunden. Bis zuletzt wurden die Bewerber über ihre Annahme oder Ablehnung im Dunkeln gelassen. „Das ist an Intransparenz nicht mehr zu überbieten“, kommentierte FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl gegenüber dem eXXpress. „Es müsste so laufen, wie auch sonst in der gesamten Welt: Die Kandidaten stellen sich einem Hearing im Ausschuss des Gemeinderats.“
Auch die Bewerbungsfrist war kürzer als früher (11. April bis 1. Mai), ausgeschrieben war sie nur in zwei Amtsblättern und – gut versteckt – am Karfreitag im Internet.
„Jesionek“ und „Jelinek“ miteinander verwechselt
PS: Kurz kursierte das Gerücht, der ehemalige Präsident des Wiener Jugendgerichtshofes Udo Jesionek werde neuer Patientenanwalt. Dem Vernehmen nach soll sich jene Tageszeitung, die das berichtet hat, dabei verhört haben: „Jesionek“ und „Jelinek“ – die beiden Namen klingen ähnlich. Zwar sind beide Juristen und im Ruhestand, nur Jesionek ist bereits 84 Jahre alt und wäre beim Ende seiner Amtszeit 89 Jahre alt geworden.
PPS: Besonders kurze Bewerbungsfristen sind bei der Stadt Wien zurzeit in Mode. Rekordverdächtig ist etwa die Frist für den so wichtigen Posten des Wiener Finanzdirektors: Er wurde am 12. Mai im Amtsblatt ausgeschrieben, danach blieben gerade noch 13 Tage bis zum Fristende am 25. Mai. (Wurde da Zeitdruck künstlich erzeugt…?)
Kommentare