
Nach Le Pen-Urteil: Europas Rechte ist "geschockt"
Nach der Verurteilung der populärsten französischen Politikerin, Marine Le Pen, ist die neue Rechte in Europa fassungslos vor Entsetzen. Viktor Orban schrieb auf X lapidar: “Je suis Marine!” (“Ich bin Marine”)
Der Gründerin und führenden Politikerin des rechtsnationalen Rassemblement National (RN), Marine Le Pen (56), wird wohl eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027 verwehrt bleiben. Le Pen galt bislang als aussichtsreichste Anwärterin auf die Nachfolge von Präsident Emmanuel Macron.
Nach dem heutigen Schuldspruch wegen Veruntreuung von Geldern durch Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament verhängte ein Gericht in Paris mit sofortiger Wirkung die Strafe der auf fünf Jahre befristeten Unwählbarkeit für politische Ämter. Mehr noch, Le Pen muss zwei Jahre lang Fußfesseln tragen.
Der Vorsitzende des RN, Jordan Bardella, bezeichnete den Schuldspruch für seine Parteikollegin prompt als Todesstoß für die Demokratie in Frankreich. „Es ist nicht nur Marine Le Pen, die heute ungerechterweise verurteilt wurde: Das ist die Hinrichtung der französischen Demokratie“, schrieb Bardella auf X.
Orban solidarisierte sich umgehend mit Le Pen
Ungarns Premier Viktor Orban, dessen Partei Fidesz zusammen mit dem RN in der Fraktion “Patrioten für Europa” im Europäischen Parlament sitzt, reagierte auf Online-Plattform X umgehend auf die Verurteilung seiner Gessinungsgenossin. Er schrieb: “Je suis Marine” (“Ich bin Marine”).
Dies ist gewissermaßen eine Anlehnung an den Slogan “Je suis Charlie!”, der nach dem islamistischen Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satireblatts “Charlie Hebdo” (Jänner 2015) allenthalben in Frankreich zu lesen war.
Wilders ist "geschockt", Salvini spricht von "Kriegserklärung"
Der Vorsitzende der niederländischen Partij voor de Vrijheid (PVV), Geert Wilders, gab sich ebenfalls erschüttert: „Ich bin geschockt über das unglaubliche harte Urteil.” Wilders, dessen PVV ebenfalls Mitglied der Fraktion “Patrioten für Europa” ist, betonte, er unterstütze die Politikerin und glaube „volle 100 Prozent“ an sie. Er sei auch davon überzeugt, dass sie ein Berufungsverfahren gewinnen und schließlich Präsidentin von Frankreich werde.
Auch Italiens Vize-Premier Matteo Salvini sprach Le Pen aufmunternde Worte zu. Der Vorsitzende der Rechtspartei Lega (ebenfalls Mitglied der Fraktion “Patrioten für Europa”) nannte das Urteil gegen seine französische Gesinnungsgenossin eine „Kriegserklärung“, mit der man Le Pen aus dem politischen Leben ausschließen wolle. Salvini fügte an: „Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir bleiben nicht stehen: Volle Kraft voraus, meine Freundin!“.
Kritik am Le Pen-Urteil gab es auch aus Moskau. Der Kreml sieht einen Verstoß gegen demokratische Regeln. „Unsere Beobachtungen in den europäischen Hauptstädten zeigen, dass man keineswegs zurückhaltend ist, im politischen Prozess die Grenzen der Demokratie zu überschreiten“, sagte Kremlsprecher Dimitri Peskow .
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