Näher als Chats: Das Schweigen über die Urlaube von Journalisten mit Politikern
Groß war die Aufregung über die Existenz vertraulicher Chats zwischen Journalisten und Politikern. “Das sind doch Heuchler”, erinnerte ein Branchen-Insider an viel engere Vertrautheit – nämlich an gemeinsame Urlaube von Politikern mit Medienmitarbeitern. Der eXXpress hat drei Beispiele – der Standard wird auch genannt.
Sie antworten nicht auf Mails, sie rufen nicht zurück: Offenbar ist die Standard-Chefredaktion aufgrund der Anfragen des eXXpress in eine dramatische Schockstarre verfallen. Irgendwie ist das auch verständlich: Immerhin behauptet ein Medien-Insider über die stellvertretende Chefredakteurin Petra Stuiber, dass diese mit und bei der grünen Wiener Ex-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou auf einer Insel in Griechenland geurlaubt habe – sollte sich das bewahrheiten, wäre das ein wesentlich schlimmerer “Sündenfall” als die Chatterei von Ex-Presse-Chefredakteur Rainer Nowak oder die aufgeflogene und dann hysterisch kommentierte WhatsApp-Kommunikation zwischen HC Strache und dem ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom.
Leider hat die stellvertretende Chefredakteurin Petra Stuiber dem eXXpress folgende Fragen nicht beantwortet: Sie ließ unkommentiert, ob ein gemeinsamer Urlaub mit einer Politikerin ihre Arbeit als Journalistin beeinflussen würde. Und sie wollte auch nicht sagen, ob sie nun einen Rückzug aus der Chefredaktion des Standard andenkt – immerhin wurde das ja prompt von Nowak und Schrom gefordert, als ihre Chats bekannt geworden sind.
Besonders kurios: Just der sehr moralisierend auftretende Standard verhindert mit seinem seltsamen Schweigen zu diesen wichtigen Fragen, dass ein Verdachtsfall offen geklärt wird und der Journalismus in Österreich nicht weiter beschädigt wird.
Kein Chat, sondern Urlaubsgespräche ...
Wesentlich offener kommunizierte da Florian Klenk, der Chefredakteur der von vielen als linkslastig bezeichneten umstrittenen Wochenzeitung “Falter”: Nachdem die Vorwürfe bereits in den Social-media-Kanälen emotional diskutiert worden sind, gab der “Falter”-Miteigentümer zu, mit dem jetzt angeklagten Ex-Grün-Politiker Christoph Chorherr zwei Tage geurlaubt zu haben.
Natürlich: Wer gemeinsam mit einem Ex-Politiker beim Griller sitzt, der braucht nicht zu chatten – die Szene zeigt sehr deutlich, welch innige Vertraulichkeit hier zwischen dem jetzt Tatverdächtigen und einst mächtigen Stadtplanungs-Gemeinderat und einem Wochenzeitungs-Redakteur geherrscht haben muss.
Da überrascht es auch nicht, dass in der Zeit von 2018 bis zum November 2022 nicht weniger als 25 Artikel und Kolumnen über Christoph Chorherr im “Falter” erschienen sind, viele davon waren alles andere als negativ. Und ein Kommentar von “Falter”-Herausgeber Armin Thurnher über Chorherr wurde sogar gelöscht (warum wohl?). Übrigens betont Klenk stets, dass er sich die schönen Tage bei Chorherr selbst bezahlt hat.
Weiter in der ZiB1 - trotz Urlaub mit Kern
Vor sieben Jahren war die öffentliche (oder veröffentlichte?) Meinung noch nicht so kritisch, was die Nähe zwischen Medien und Politik betrifft. Vielleicht auch deshalb, weil es damals keinen bürgerlich-konservativen ORF-Redakteur aufgeblattelt hätte: Während jetzt ORF2-Chefredakteur Mattias Schrom allein nach Auftauchen eines Chats mit HC Strache gehen musste, sitzt der Urlaubs-Freund von Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern noch immer im ZiB1-Studio – geschickt wurde im Jahr 2015 runtergespielt, dass Tarek Leitner mit dem damaligen SPÖ-Bundesparteichef Kern in einer gemeinsamen Finca auf Ibiza weilte und danach auch noch die Fragen in den innenpolitisch überaus wichtigen ORF-Sommergesprächen stellen sollte.
Die Urlaubs-Freunderl sind allerdings noch gar nicht der Gipfel der offensichtlichen Verbandelung zwischen manchen Politikern und Medienmitarbeitern: So heiratete ein einstmals gefürchteter Politik-Redakteur eines sehr bekannten Massenblatts die damals amtierende Kommunikations-Chefin eines SPÖ-Bundeskanzlers. Da musste dann logischerweise weniger gechattet werden, das Pärchen konnte sich auch die Themensetzung und alle Wünsche im selben Bett zuflüstern. Gestört hatte das damals zwar einige Kollegen des Redakteurs, das gemeinsame Kissen im Vorhof der Macht hatte aber keine Folgen für dessen berufliche Entwicklung.
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