Mit Stolz verkündet die Wiener Stadtregierung den Ausbau der Aktion „nette Toilette“. Sie bietet die Möglichkeit, bei teilnehmenden Gastronomen ohne Konsumzwang auf die Toilette zu dürfen. Flankiert wird das von der Maßnahme, Restaurants und Cafés per „netter Toilette“-Modell zur Gratis-Toilettennutzung ohne Konsumzwang zu bewegen. Ein Schritt, der zweifellos praktisch ist – aber wenn sich eine rot-pinke Stadtregierung nach tagelangen Verhandlungen vor allem auf die Frage konzentriert, wo man gratis aufs Klo darf, dann darf man getrost von einem politisch-urbanen Offenbarungseid sprechen.

Dass Wien mit explodierenden Wohnkosten, einem überlasteten Bildungssystem, wachsender Kriminalität und wachsendem Verkehrschaos kämpft, scheint im Rathaus bestenfalls Nebensache zu sein. Lieber diskutiert man, wie Touristen ohne Ortskenntnis schnell aufs Klo kommen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Sozialwohnungen, Mittelständler stöhnen unter Rekordabgaben und Familien warten auf Kindergartenplätze.