Österreich kann Bürgern CO₂-Steuer erstatten: Warum Deutschland nicht?
Was der österreichische Staat über die CO₂-Steuern einnimmt, das erstattet er den Bürgern wieder zurück. Die Regierung in Berlin würde das auch gerne tun. Doch sie scheitert an der deutschen Verwaltung. Diese ist im Gegensatz zur österreichischen nicht zentralisiert. Überdies ist Österreich bei E-Governance Vorreiter.
Was der Staat über die CO₂-Steuer einnimmt, das schüttet er über den Klimabonus wieder aus. Dass auch Schwerverbrecher, Asylwerber und sogar Tote in den Genuss des Klimabonus gelangt sind, sorgte für Kopfschütteln. Doch all diesen Pannen zum Trotz blicken die deutschen Nachbarn immer noch neidisch auf Österreich. Denn dort würde die Auszahlung des Klimabonus schon im Ansatz scheitern – bzw. ist bereits gescheitert: Die deutsche Bundesregierung wollte die Einnahmen aus der CO₂-Steuer den Bürgern als Kopfpauschale zurückzahlen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) musste aber einräumen: Die deutsche Verwaltung kriegt das nicht hin. In Sachen Digitalisierung hängt Österreich Deutschland tatsächlich ab.
Das Zusammentragen der Daten würde in Deutschland eineinhalb Jahre dauern
Allein die „ganzen Daten zusammenzubauen dauert nach den Angaben der Experten in meinem Haus mal eben 18 Monate“, musste Lindner eingestehen. Überdies könne Deutschlands öffentliche Verwaltung nur 100.000 Überweisungen pro Tag ausfertigen. Die Auszahlung an alle Deutschen würde also länger als zwei Jahre dauern.
Da ist Österreich schon weiter: 300.000 Überweisungen an einem Tag konnten bei der erstmaligen Auszahlung des Klimabonus gestemmt werden, nun, im kommenden September soll diese Zahl nochmals deutlich gesteigert werden.
Tursky: „Sind Benchmark für digitale Finanzverwaltung“
Mittlerweile hat Österreich hier die Aufmerksamkeit der Deutschen auf sich gezogen. Den Verantwortlichen komme zugute, „dass die Meldedaten schon lange in Zuständigkeit des Bundes liegen und zentral abgerufen werden können“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Die Finanzverwaltung wird schon seit 20 Jahren einer digitalen Fitnesskur unterzogen. Noch ein großer Unterschied zur Lage beim großen Nachbarn im Norden.“
Ausführlich kommt in der deutschen Tageszeitung Florian Turksy (ÖVP), Staatssekretär für Digitalisierung und Telekommunikation, zu Wort: „Wir sind weltweit die Benchmark für eine digitale Finanzverwaltung. Das ermöglicht uns, Die zu tun, die anderen nicht können.“ Woche für Woche kämen ausländische Delegationen nach Wien, um sich Österreichs international ausgezeichnetes E-Government näher anzusehen.
Künftig soll man auf mehr als 200 staatliche Dienste online zugreifen können
Anerkennend hält die FAZ fest: „Das Finanzministerium verfügt über Personal- und Kontodaten von 5,4 Millionen Einwohnern und 730.000 Unternehmen. Die haben sich alle bei ‚Finanz-Online‘ registriert. Sie oder ihre Steuerberater erledigen dort ihre Steuererklärung, sehen Steuerdaten ein, reichen unterjährig Belege ein, fragen den Chatbot oder schicken einem Finanzamtsmitarbeiter eine Nachricht. Dazu bedarf es keines Desktop-Computers mehr. Das geht auch alles mobil.“
Tursky hat noch mehr vor: Sämtliche bereits vorhandene und in Planung befindliche digitale Tools der heimischen Verwaltung sollen künftig in der „ID Austria“ aufgehen. Das Ziel ist, „dass eine Anmeldung ausreicht, um auf mehr als 200 staatliche Dienste online zugreifen zu können“. Die Bürger sollen unter anderem Geburts- und Heiratsurkunde, sowie Staatsbürgerschaftsnachweis einsehen können. Den Führerschein gibt es bereits seit Oktober digital, schon bald soll das auch für Reisepass und Personalausweis gelten. „Wir gehören damit zu den Frontrunnern in Europa“, sagt Tursky.
Staatliche Leistungen digital anbieten
Auch im Gesundheitssystem, wo sich einige niedergelassene Ärzte noch dagegen wehren, soll sich einiges ändern. „Gesundheitsdaten, Rezepte, und Befunde müssen über eine Handy-App verfügbar sein – so wie Banküberweisungen“, berichtet der Staatssekretär.
Staatliche Leistungen sollen den Bürgern digital angeboten werden. Eltern erfahren bei der Geburt ihres Kindes, auf welche Leistungen sie und ihr Kind ein Anrecht haben. „Aus der Holschuld des Bürgers machen wir eine Bringschuld der Verwaltung.“
Aber: niemand soll gezwungen werden, die digitalen Leistungen zu nutzen. Während das digitale Service überall ausgeweitet werden soll – ob in Einkaufszentren, Banken oder Flughäfen – soll jeder auch darauf verzichten können und – wenn er will – alles weiterhin analog und persönlich bei den Ämtern erledigen können.
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