
Österreich will beim Wiederaufbau der Ukraine mitmischen
Beim diesjährigen Europaforum in Göttweig ging es vor allem um ein Thema: der Wiederaufbau der Ukraine. Vertreter aus Österreich signalisierten deutliches Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit.

Den Auftakt der Konferenz machte ausgerechnet der ukrainische Landwirtschaftsminister Vitalij Kowal – in einer Situation, die heikler kaum sein könnte. Erst kürzlich hatte die EU beschlossen, die kriegsbedingten Handelserleichterungen für ukrainische Agrarprodukte auslaufen zu lassen. Damit greifen wieder die alten Zölle. Für Kowal ein empfindlicher Rückschlag: „Das ist natürlich eine große Herausforderung, weil wir circa 52 Prozent dieser Güter in europäische Länder exportieren.“
Ganz anders die Tonlage aus Österreichs Agrarsektor. Die heimische Bauernschaft begrüßt das Ende des zollfreien Zugangs. Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, findet klare Worte: „Das sind ja nicht landwirtschaftliche, familiengeführte Betriebe, wie wir sie in Westeuropa kennen, sondern es sind große, ehemalige Kolchosen, die hier als Holdings geführt sind.“ Österreichs Bauern seien diesem industriellen Wettbewerb nicht gewachsen.
Grüne Energie als Zukunftsprojekt
Abseits der Landwirtschaft sehen heimische Experten besonders in der Energiebranche eine goldene Brücke für die bilaterale Zusammenarbeit. Gabriel Felbermayr, Direktor des WIFO, verweist gegenüber dem ORF auf die geografischen Vorteile: „Weil dort viel Platz ist.“ Die Ukraine sei reich an Wind- und Sonnenpotenzial – doch auch ihre 5.500 Flüsse bieten gewaltige Möglichkeiten zur Stromgewinnung. Der Wiederaufbau-Koordinator im Außenministerium, Wolfgang Anzengruber, unterstrich zudem die Relevanz für die Wasserstoffwirtschaft. Bestehende Gaspipelines könnten für den Transport grüner Energie umfunktioniert werden.
Gleichzeitig äußern Kritiker Zweifel an der Priorisierung. Sie verweisen auf strukturelle Defizite in der heimischen Energiebranche und fordern, dass Österreich zunächst die eigenen Herausforderungen bewältigt. Klar ist: Der Fokus muss zuerst auf einem resilienten Ausbau der inländischen Energiekapazitäten liegen, bevor Mittel und Know-how in großem Stil ins Ausland fließen.
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