
ÖVP-Chef Stocker: „Die Koalition ist an Haltung von Kickl gescheitert"
Am Mittwoch kurz nach 16 Uhr trat ÖVP-Chef Christian Stocker vor die Presse mit einem Statement zum Bruch der Koalitionsgespräche. Er sagt klar, dass sie am Streit um das Innenministerium gescheitert ist.
Kurz nach 16 Uhr trat ÖVP-Chef Christian Stocker erstmals nach dem Koalitionsbruch mit einem Statement vor die Öffentlichkeit.
Stocker betont, dass sich die ÖVP in den Gesprächen auf die Freiheitlichen zubewegt habe – sogar ein Kanzler Kickl wäre akzeptiert worden. „Wir haben engagiert daran gearbeitet, eine Mitte-Rechts-Regierung für Österreich zu bilden, und uns deutlich auf die FPÖ zubewegt: Indem wir Verhandlungen zugesagt haben, indem wir bereit waren, einen Kanzler Herbert Kickl zu akzeptieren, und indem wir in vielen Bereichen über unseren Schatten gesprungen sind“, so der ÖVP-Chef.
Schon zu Beginn der Verhandlungen habe Stocker die Grundvoraussetzungen klargemacht, die für die Volkspartei für eine Regierungszusammenarbeit notwendig seien: Ein souveränes Österreich, das frei von ausländischer Einflussnahme bleibt – insbesondere aus Russland. „Das bedeutet sowohl Sicherheit im Inneren, durch einen konsequenten Asylstopp, als auch Sicherheit im Äußeren durch den Drohnen- und Raketen-Schutzschirm Sky Shield“, sagt Stocker. Auch, dass Österreich ein verlässlicher Partner der Europäischen Union bleibe, sei der ÖVP von Anfang an wichtig gewesen.
Hauptproblem: Streit ums Innenministerium
„Für uns war immer klar, dass es ein Bekenntnis der FPÖ zu diesen Grundvoraussetzungen braucht. Gleichzeitig müssen sich diese Grundlinien in der Kompetenzverteilung einer neuen Bundesregierung widerspiegeln“, so Stocker. Das ist eine Anspielung auf das Hauptproblem: Dass FPÖ und ÖVP bei der Ressortverteilung keine Einigung finden konnten.
Die FPÖ forderte neben dem Kanzleramt sowohl das Innen- als auch das Finanzministerium, was für die ÖVP nicht akzeptabel war. Stocker sagt, dass die Koalitionsgespräche an der Verteilung der Ministerien gescheitert seien. Die ÖVP sei nicht bereit gewesen, dass Innenministerium zur Gänze der FPÖ zu überlassen. Zu hoch seien die Bedenken wegen Österreichs Sicherheit – Stichwort Terrorismus – gewesen. „Wir wollen keine Abschottung des Landes durch eine Festung Österreich“, sagt Stocker in seinem Statement.
ÖVP wollte nicht die „Sicherheit des Landes aufs Spiel setzen“
Im Sicherheitsbereich habe die ÖVP angeblich, so der ÖVP-Parteiobmann, zahlreiche Warnungen aus dem Inland und Ausland erhalten, dass die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste in Gefahr ist, wenn die FPÖ den Innenminister stellt. „Es kommt für uns nicht in Frage, dass wir die Sicherheit des Landes aufs Spiel setzen“, erklärt er den Grund für die Verweigerung, den Freiheitlichen das Innere zu überlassen.
„Ein Unterschied von 2,5 Prozent bedeutet Teilen auf Augenhöhe. Auch was die Kompetenzen betrifft. Wenn wir uns vor Augen führen: Die ÖVP hat mit 1,3 Millionen Stimmen nur 120.000 Stimmen weniger als die FPÖ. Kickl ist Erster, damit wäre er natürlich Kanzler geworden. Aber das rechtfertigt aber keinen Anspruch auf die Allmacht“, sagt Stocker.
Kickl sei in der Rolle des Oppositionspolitikers stecken geblieben
Herbert Kickl sei in der Rolle des Oppositionspolitikers stecken geblieben und nie in der eines Regierungschefs angekommen, meint der ÖVP-Chef. „Die FPÖ hatte die Chance auf den ersten freiheitlichen Kanzler in Österreich – sie wurde von Herbert Kickl nicht genutzt“.
Ball liege nun beim Bundespräsidenten
Der Volkspartei sei es in den Verhandlungen hingegen immer um das Land und die Menschen gegangen. „Wir haben in den Verhandlungen das Parteiinteresse zurückgestellt“, so Stocker. Rein aus Parteiinteresse wäre das Finanzministerium mehr als wichtig gewesen. „Aber das Sicherheitsinteresse der Menschen können wir nicht zurückstellen“, meint Stocker – und spricht damit die Weigerung der ÖVP an, den Freiheitlichen das Innenministerium zu überlassen.
Nun liegt der Ball beim Bundespräsidenten. Wie es weitergeht, ist offen – ein Parteivorstand der ÖVP soll die nächsten Schritte beraten. Ein Rücktritt von Stocker oder eine Vertrauensfrage stehen im Raum. Der ÖVP-Chef gesteht sich selbst und der ÖVP keine Fehler ein.
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