Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind geplatzt, gab FPÖ-Chef Herbert Kickl am Mittwoch bekannt. Er und seine Partei sind aus den Gesprächen ausgestiegen. Die Regierungsbildung sei laut ÖVP „am Machtrausch und der Kompromisslosigkeit von Herbert Kickl gescheitert“. Aus Sicht der FPÖ trägt die ÖVP die volle Verantwortung für das Scheitern, da ihre Forderungen laut Kickl überzogen waren. Die Volkspartei habe keinerlei Kompromissvorschläge akzeptiert und zudem für die FPÖ zentrale Kernministerien für sich beansprucht.

„Dieser Vorwurf ist nicht haltbar“, kontert Stocker, der auf der Nachrichtenplattform X Stellung zu den Vorwürfen, dass die ÖVP lediglich am Machterhalt interessiert sei, bezog. Interessant zeigt sich in Stockers Kommentar, dass die ÖVP offenbar selbst bei den Koalitionsverhandlungen mit den Freiheitlichen – die den Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen erhielten, nachdem die ÖVP bereits in den „Ampel“-Verhandlungen mit der SPÖ und NEOS nach knapp 100 Tagen gescheitert war – einen Anspruch auf das Kanzleramt nicht ausgeschlossen hatte.

Stocker erklärte, dass die ÖVP mehr als vier Wochen lang ernsthafte und konstruktive Verhandlungen mit der FPÖ geführt habe. „Wir waren sogar bereit, auf das Kanzleramt zu verzichten, um eine stabile Regierung zu bilden“, so Stocker weiter. Letztlich seien die Gespräche, so der ÖVP-Politiker, an der fehlenden Kompromissbereitschaft von FPÖ-Chef Herbert Kickl gescheitert. Zudem betonte Stocker, dass die ÖVP stets an einer Lösung interessiert gewesen sei.

Erinnerung an Ergebnis der NR-Wahl

Bei der Nationalratswahl im Herbst des vergangenen Jahres erreichten die Freiheitlichen erstmals den ersten Platz und erzielten mit 28,8 Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Zudem verzeichnete die FPÖ mit einem Zuwachs von 12,6 Prozentpunkten einen Rekordgewinn.

Die ÖVP hingegen musste einen historischen Verlust von 11,2 Prozentpunkten hinnehmen und erreichte nur 26,3 Prozent der Stimmen. Dennoch erteilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Regierungsbildungsauftrag zunächst nicht an FPÖ-Chef Herbert Kickl, sondern an den damaligen ÖVP-Chef Karl Nehammer. Dafür erntete er erhebliche Kritik.

Die Freiheitlichen erreichten den ersten Platz und erzielten mit 28,8 Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte.APA/ROLAND SCHLAGER

Heftige Reaktionen auf Stockers Beitrag

Die wachsende Ungeduld der Menschen zeigt sich deutlich in den Reaktionen auf seinen Beitrag. Der ÖVP-Vorsitzende steht unter scharfer Kritik, und viele haben kein Verständnis für die Ansprüche der Volkspartei, die bei der Nationalratswahl schließlich deutlich an Stimmen verlor und hinter der FPÖ auf Platz zwei landete. Ein Nutzer kommentiert sarkastisch: „Er ‚verzichtet‘ als Zweiter großzügig aufs Kanzleramt.“ Ein anderer schreibt: „Das ist ein wenig vermessen.“

Das letzte Angebot der FPÖ

Am Mittwoch wurde das letzte Angebot der FPÖ und ihres Vorsitzenden Herbert Kickl an die Volkspartei veröffentlicht. Kickl schrieb: „Das ist das freiheitliche Angebot. Die ÖVP kann in all ihren Kernkompetenzen wirken: die gesamte Standortpolitik mit Wirtschaft, Energie, Verkehr und Infrastruktur, die außenpolitischen Kompetenzen samt den EU-Agenden sowie Landwirtschaft, Bildung, Familie und Landesverteidigung.“

Weiter erklärte er: „Da ist es wohl naheliegend, dass die FPÖ im Gegenzug ihre im Innenministerium angesiedelten Kernkompetenzen – Sicherheit und Asyl – für sich beansprucht.“

Daraufhin reagierten mehrere ÖVP-Politiker empört und warfen Kickl vor, er sei „im Machtrausch gefangen“. Kickl konterte: Das sei kein Machtrausch, sondern „mehr als fair – außer die ÖVP will eine Alleinregierung.“