Mit seinem spöttischen Hinweis auf den “Mauerfall” bezog sich Orban unmissverständlich auf die Politik der “alteingesessenen” Parteien in Deutschland, insbesondere der Unionsparteien CDU/CSU und der SPD,  die zur AfD eine “Brandmauer” hochgezogen haben, was bedeutet, dass die Partei von Alice Weidel im deutschen Bundestag wie ein Paria behandelt wird. Der Grund: Die AfD wird “in Teilen als rechtsextrem” eingestuft, weil sie, wie es heißt, Positionen vertritt, die als völkisch-nationalistisch und als rassistisch angesehen werden.

Orban lässt sich davon aber nicht beirren. Er wies darauf hin, dass die AfD bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar voraussichtlich 20 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen werde (laut jüngsten Umfragen sogar 22 Prozent). Angesichts eines solchen Wählerzuspruchs für die Partei ist er der Bitte Weidels gefolgt, sie zu empfangen, sagte er gegenüber der “Neue Zürcher Zeitung”. Sein Zusatz: Wäre der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit einer solchen Bitte an ihn herangetreten, hätte er auch ihn empfangen. Diese “Gefahr” drohe jedoch nicht, betonte Orban.

Die Co-Chefin der AfD in Deutschland, Alice WeidelAPA/APA / AFP

Sowohl Orbán als auch Alice Weidel wollen die EU schwächen

Der Ungarn-Experte des German Marshall Fund (GMF), Daniel Hegedüs, erklärte gegenüber der “Welt” die Beweggründe Orbáns dafür, sich mit Weidel zu treffen. „Er erkennt, dass die AfD als voraussichtlich zweitstärkste politische Kraft in Deutschland bald schon auch woanders in Europa, von anderen Regierungschefs oder führenden Politikern, aufgewertet werden könnte.”

„Orban selbst beschleunigt jetzt diesen Prozess, indem er Alice Weidel empfängt“, so Hegedüs. Und der Experte führt gegenüber der “Welt” weiter aus: „Orban, seine Partei Fidesz und die AfD verfügen über programmatische Gemeinsamkeiten, wichtiger aber ist, dass sie ideologisch einiges teilen: Dazu gehört der Wille, die EU und ihre Institutionen zu schwächen, und eine Nähe zu Russland.”