Peruanischer Kommunist setzt sich gegen Rechtskonservative durch – Börse bricht ein
Vor sechs Wochen wurde gewählt, nun steht das endgültige Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Peru fest: Der marxistisch-leninistische Kandidat Pedro Castillo (51) wurde zum offiziellen Wahlsieger erklärt. Er konnte sich hauchdünn gegen die rechtskonservative Politikerin Keiko Fujimori durchsetzen. Auf ihn fielen 50,12 Prozent der Stimmen, 49,88 Prozent auf Fujimori. Bei der internationalen Linken stößt dies auf Beifall, bei heimischen Unternehmen auf große Sorge. Im bisher als neoliberal geltenden Peru stellt sich die Frage: Drohen nun Verstaatlichung und Freiheitsbeschneidungen zum Wohle des Proletariats?
Dem südamerikanischen Land mit 33 Millionen Einwohnern steht ein großer Umschwung bevor. Statt konservativer Politik steht nun marxistisch-leninistisches Gedankengut auf der Agenda. Der Wahlsieger gilt als politischer Newcomer. Castillo, der bisher den Beruf eines Lehrers aus der wirtschaftsschwachen Provinz Chota im Norden des Landes bekleidete, hatte 2017 einen Lehrer-Streik angeführt. Die Regierung warf ihm damals Verbindungen zur linksextremen Rebellengruppe ‘Leuchtender Pfad’ vor. In seiner Jugend soll er allerdings auch einer bäuerlichen Selbstverteidigungsorganisation zum Schutz gegen die Rebellen angehört haben.
Sozialistischer Staat soll aufgebaut, Medien kontrolliert werden
„Castillo kommt aus einer Hardliner-Partei“, sagt der Politikwissenschaftler Eduardo Dargent. „Ihre Ideologie liest sich wie das Programm der 1960er-Kommunisten. Castillo selbst kommt aus der eher syndikalistischen Gewerkschaftsrichtung“, fügt er hinzu.
Castillo kündigte an, im Falle eines Wahlsiegs einen sozialistischen Staat aufzubauen, die Medien zu kontrollieren und das Verfassungsgericht abzuschaffen. Im Wahlkampf warb er zudem für eine Verfassungsreform, den Umbau des Rentensystems und die Verstaatlichung der Gasindustrie.
Börsen brachen nach Wahlsieg ein
Die Börsen brachen nach den ersten Hinweisen auf den Sieg des Linkskandidaten jedenfalls ein. Internationale Beobachter befürchten, dass ausländische Investoren nun das Land verlassen könnten. Der politische Umschwung könnte größer nicht sein: bisher galt Peru als äußerst marktliberal und zog ausländische Unternehmen an.
Castillo war Notlösung, weil Parteichef wegen Korruption verurteilt wurde
Der Wahlsieg war auch für die eigene Partei eine große Überraschung, denn: Castillos Antritt war eigentlich eine Notlösung. Er wurde nur zum Spitzenkandidaten der marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre gekürt, weil Parteichef Vladimir Cerrón aufgrund einer Verurteilung wegen Korruption nicht antreten durfte.
Zu Wahlkampfterminen kam Castillo mit dem Pferd
Castillo kam besonders bei der Bevölkerung des ländlichen Perus gut an, bei Menschen fernab der urbanen Zentren. Gerade Bauern und Indigene konnten von dem beachtlichen Wirtschaftswachstum Perus der vergangenen Jahre kaum profitieren und leben oftmals weiter in bitterer Armut. Castillo ritt auf einem Pferd zu Wahlkampfterminen in Dörfern, zeigte sich immer wieder in traditioneller Kleidung mit breitkrempigem Hut und Poncho.
Gegnerin war Tochter des inhaftierten Ex-Präsidenten
Zudem dürfte er davon profitiert haben, dass viele Peruaner eine tiefe Abneigung gegen den Ex-Präsidenten Alberto Fujimori hegen. Der frühere Machthaber verbüßt wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen eine 25-jährige Haftstrafe. In seiner Amtszeit (1990 bis 2000) entmachtete Fujimori sukzessive dass Parlament und war in dutzende Korruptionsskandale verwickelt. Nach der Scheidung der Eltern galt Keiko Fujimori jahrelang als First Lady und begleitete ihren Vater auf zahlreichen Auslandsreisen. Im Falle eines Wahlsiegs wollte sie ihren Vater begnadigen.
Menschenrechte sind kein Eckpfeiler des Wahlprogramms
Anders als kommunistische Parteien westlicher Länder steht Castillo jedoch nicht für gleichgeschlechtliche Ehen und sprach sich gegen Abtreibung aus. Genau wie seine neoliberale Kontrahentin setzt er auf die Ausbeutung von Bodenschätzen und misst dem Schutz von Umwelt und Menschenrechten keine große Bedeutung zu. Auch sprach sich die katholische Kirche klar gegen eine Wahl von Castillo aus, “kein Katholik sollte eine Atheistische Partei wählen”, so ein einflussreicher Bischof.
Seit 2018 wurden drei Präsidenten aus dem Amt gejagt
Das vergangene Jahr wurde von einem erbitterten Konflikt der Regierung gegen den Kongress geprägt. Zwar stellt Castillos Perú Libre die stärkste Partei in Parlament, hat aber keine eigene Mehrheit. Der Kongress verfügt in Peru über weitreichende Rechte, die Parlamentarier jagten seit 2018 drei Präsidenten aus dem Amt. Sollte es Castillo nicht gelingen, große Teile der zersplitterten Parteienlandschaft einzubinden, dürfte die nächste Machtprobe nicht lange auf sich warten lassen.
Kommentare