Plagiatsvorwürfe: Nächster Gutachter belastet Zadic
Ob es sich bei der Doktorarbeit von Justizministerin Alma Zadic um ein Plagiat handelt, überprüft zurzeit die Uni Wien. Der Plagiatsforscher Tomáš Foltýnek hat sich bereits ein Urteil dazu gebildet, nachdem ihm der eXXpress das Gutachten von vier Gutachtern vorgelegt hat. Fazit: Das ist ein Plagiat. „Ich kann die Schlussfolgerungen der Prüfer zu 100 Prozent bestätigen.“
Die Doktorarbeit von Justizministerin Alma Zadic ist ein Plagiat. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt auch der Plagiatsforscher Tomáš Foltýnek, nachdem ihm der eXXpress das Gutachten einer vierköpfigen Gruppe von Wissenschaftlern vorgelegt hat. In dem Gutachten wurden 73 Plagiats-Teile in der Dissertation nachgewiesen. Gegenüber dem eXXpress unterstreicht Foltýnek: „Ich kann die Schlussfolgerungen der Prüfer zu 100 Prozent bestätigen.“
Kein selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten
Foltýnek lehrt an der Masaryk-Universität in Tschechien, ist Vorstandsvorsitzender des European Network for Academic Integrity (Europäisches Netzwerk für akademische Integrität) und ehemaliger leitender Wissenschaftler für Plagiatserkennung an der Bergischen Universität Wuppertal. Er konnte zwar noch nicht alle von den Prüfern identifizierten Fragmente überprüfen, aber allein schon aufgrund einer stichprobenartigen Nachprüfung gelangt er zum selben Ergebnis.
Die vom eXXpress beauftragten Plagiatsprüfer hatten vor allem eines bemängelt: In der Promotionsschrift von Österreichs Justizministerin fehlt ein eigenständiger Gedanke. Der Verdacht des absichtlichen Plagiats steht im Raum, denn nicht genannte Literaturangaben verheimlichen ja, dass in Wahrheit sämtliche Passagen von woanders übernommen wurden.
„Bei Doktorarbeit werden Originalität, wissenschaftliche Arbeit und neue Schlussfolgerungen erwartet.“
Die Prüfer schreiben: „Hätte die Verfasserin wirklich alle Stellen, an denen sie Gedanken in Form von Wortkette aus der Literatur bezog, mit Quellen belegt, hätte jeder (oder fast jeder) Satz der Dissertation eine Fußnote erhalten müssen. Dann aber wäre das Kriterium der Selbstständigkeit der Dissertation wohl nicht mehr erfüllt gewesen.“ Das widerspricht wiederum dem österreichischen Universitätsgesetz, demzufolge die Dissertation „der Nachweis der Befähigung zur selbstständigen Bewältigung wissenschaftlicher Fragestellungen“.
Das sieht Foltýnek genauso, wie er gegenüber dem eXXpress unterstreicht: „Was beim akademischen Schreiben zählt, sind originelle Ideen. Bei einer Doktorarbeit werden Originalität, wissenschaftliche Arbeit und neue Schlussfolgerungen erwartet. Natürlich ist es erlaubt, auf den Ideen und Strukturen eines anderen aufzubauen, aber es muss ausdrücklich anerkannt werden.“
„Frau Zadic erfüllt die Definition des Plagiats“
Es gebe ein weit verbreitetes Missverständnis im Zusammenhang mit Plagiaten, „nämlich dass ein Plagiat nur eine Übereinstimmung im Text darstellt. Einige Universitäten übernehmen blindlings die von den Textabgleichssystemen angegebenen Prozentsätze als Maßstab für Plagiate. In diesem Fall würde die Textabgleichs-Software wahrscheinlich nicht helfen.“
Auch Ideen-Plagiate sind als Plagiate zu werten. Das hat der Experte gemeinsam mit zwei Kollegen (Bela Gipp und Norman Meuschke) in einer wissenschaftlichen Publikation herausgestrichen. Ein Plagiat ist demnach „die Verwendung von Ideen, Inhalten oder Strukturen ohne angemessene Angabe der Quelle, um in einem Umfeld, in dem Originalität erwartet wird, davon zu profitieren“. Diese Definition „basiert auf einer gründlichen Durchsicht von mehr als 200 Arbeiten zum Thema Plagiat und fasst unserer Meinung nach das Wesen des Plagiats am besten zusammen.“
Foltýneks vernichtendes Urteil: „Frau Zadic hat es versäumt, die Quelle der Struktur und des Gedankenflusses wesentlicher Teile ihrer Dissertation ordnungsgemäß anzugeben, sodass sie die oben genannte Definition des Plagiats erfüllt.“
Scharfe Kritik an Zadic von anderen Plagiatsforschern
Vor Foltýnek waren bereits andere Plagiatsforscher zu dieser Einschätzung gelangt. In einem exxpressTV-Interview erklärte etwa der Wissenschaftler Stefan Weber: „Der Lack ist ab, das Blendwerk funktioniert nicht mehr. Wir haben da bei Alma Zadic ein ganz, ganz großes Kompetenzproblem.” Und: „Das Plagiat ist werkprägend, das ist nicht wegzuwischen. Alma Zadic hat sogar zwei ihrer drei Schlussfolgerungen plagiiert. Und auch noch das Inhaltsverzeichnis ihrer Dissertation.”
Der deutsche Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder urteilte nach Durchsucht des 44-seitigen Gutachtens: „Wenn sie Charakter hat, dann tritt sie zurück.”
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