Putin zeigt Afrikas Staatschefs erstmals Einigung mit Ukraine aus dem Jahr 2022
Es könnte sich um gezielte Desinformation des Kreml-Chefs handeln – oder um erstmaligen Einblick in ein Abkommen zwischen Moskau und Kiew zu Beginn der Invasion. Gemäß einem von Putin präsentierten Vertrag war man sich im Frühjahr 2022 schon einig, ehe Selenskyj – womöglich auf Druck von Boris Johnson – das Dokument nicht unterzeichnete.
Zumindest einen Teil der ranghohen afrikanischen Politiker scheint das präsentierte Friedensabkommen aus dem Jahr 2022 beeindruckt zu haben. Eine Delegation aus Afrika war nach ihrem Besuch in Kiew auch zu Wladimir Putin nach St. Petersburg gereist, um sich für ihre Friedensinitiative einzusetzen. Die Botschaft des Kreml-Chefs: Russland sei nicht schuld am Scheitern der Verhandlungen.
Putin lenkt von sich ab und stellt den Westen als Hauptschuldigen hin
Zahlreiche Staatschefs weltweit – auch in Afrika – sind unglücklich über den Ukraine-Krieg. Die Verantwortung dafür sehen sie sowohl bei Moskau, als auch beim Westen. Beide hätten mit ihrer unnachgiebigen Haltung diesen grausamen Konflikt heraufbeschworen. Das sieht man sowohl in Washington und Kiew, als auch in Moskau anders, und ebenso in vielen europäischen Hauptstädten.
Nun haben Vertreter afrikanischer Staaten eine Friedensinitiative gestartet. In St. Petersburg ermutigten sie Putin, „Verhandlungen mit der Ukraine” aufzunehmen, wie der Vorsitzende der Afrikanischen Union und Präsident der Komoren, Azali Assoumani unterstrich. Putins Antwort: Russland sei ja ohnehin zu Verhandlungen bereit, und das nicht erst jetzt, sondern schon vor einem Jahr. Von Kiew und Wolodymyr Selenskyj seien die Verhandlungen jedoch abgebrochen worden. Ein bereits fertig ausgearbeitetes Friedensabkommen wollte der ukrainische Präsident auf einmal doch nicht unterzeichnen, behauptete Russlands Präsident.
Erdogan hatte die Gespräche zwischen Kiew und Moskau vermittelt
Zum „Beweis“ holte Putin ein mehrseitiges Dokument hervor. Im Rahmen der Gespräche in der Türkei, die auf Vermittlung von Präsident Recep Tayyip Erdogan stattgefunden hatten, habe man sich auf dieses Friedensabkommen geeinigt, erklärte er. Mehr noch: Wegen dieser Vereinbarung hätten sich russische Truppen sogar aus Kiew und anderen Regionen der Ukraine zurückgezogen.
Damit will der russische Präsident offensichtlich auch ukrainische Erzählungen von der Niederlage Russlands in der „Schlacht von Kiew“ in Frage stellen.
Zweifel bleiben: Putin hatte mehr als ein Jahr Zeit, das öffentlich zu behaupten. Warum sagte er es erst jetzt?
Mehrere Quellen bestätigen eine Beinahe-Einigung im Frühjahr 2022
Erzählungen über eine Beinahe-Einigung zwischen Kiew und Moskau gibt es allerdings seit März 2022. Mittlerweile berichteten davon unter anderem der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, Israels ehemaliger Premier Naftali Bennett, anonyme US-Beamte im Journal „Foreign Affairs“, und mehrere Medien in der Ukraine und in Russland. Abgebrochen wurden die Gespräche demnach vor allem wegen des unerwarteten Eintreffen Boris Johnsons am 9. April in Kiew – der eXXpress berichtete. Der damalige britische Premier soll Selenskyj gedrängt – oder fast genötigt – haben, das Dokument nicht zu unterzeichnen.
Neutralität der Ukraine samt Sicherheitsgarantien waren geplant
Nun legte Putin den afrikanischen Staats- und Regierungschefs sowie der Presse beim Treffen in St. Petersburg erstmals das vermeintliche Dokument vor. Russische Journalisten veröffentlichten die Titelseite davon. „Vertrag über die ständige Neutralität und Sicherheitsgarantien der Ukraine“ ist darauf zu lesen. Ob es echt ist oder eine Fälschung, lässt sich nicht sagen.
Nach Angaben des Präsidenten der Russischen Föderation hatten sich die Ukraine und Russland im Frühjahr 2022 in Istanbul auf den Vertragsentwurf geeinigt, doch weigerte sich Kiew, das Dokument anschließend zu unterzeichnen, und das zu einem Zeitpunkt, als sich die russischen Truppen auf Befehl Moskaus bereits freiwillig zurückgezogen hätten.
In dem von Putin vorgelegten Text heißt es weiter: Das Vereinigte Königreich, China, Russland, die USA, Frankreich und die Türkei würden als Garanten auftreten.
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