Am Höhepunkt der Flüchtlingskrise kamen von September 2015 bis Februar 2016 monatlich durchschnittlich 131.500 Migranten in Österreich an. Während viele davon andere Ziele hatten und etwa nach Deutschland oder Nordeuropa weiterziehen wollten, galt es für den für die Erstversorgung zuständigen Bund jene, die hier bleiben wollten unterzubringen. Für die Wucht der Welle gerüstet war das Innenministerium damals aber nicht. Prekär: Wie der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht kritisiert, könnte man auch heute nicht wesentlich besser reagieren als 2015.

131.500 Asylwerber kamen am Höhepunkt der Welle in Österreich an - jeden MonatAPA

Schlechte Verhandlungsposition

Um die vielen Asylwerber vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, mussten Unterkünfte her. Dabei konnte nicht immer die für das Innenministerium wirtschaftlich und rechtlich beste Lösung erzielt werden. Vor allem am Höhepunkt der Migrationskrise 2015/16 befand sich Österreich in einer Zwangslage, die seine Verhandlungsposition schwächte und den Druck, Vertragsabschlüsse zeitnah zu erzielen, verstärkte, zieht der Rechnungshof Bilanz.

Seit 2013 hatte das Innenministerium insesamt 37 Verträge im Zusammenhang mit der Eröffnung neuer Betreuungseinrichtungen des Bundes abgeschlossen, überwiegend mit privaten Vermietern. Von diesen Einrichtungen wurden im Dezember 2020 nur noch sieben aktiv genutzt! Drei davon wurden im Zuge der COVID-19-Pandemie reaktiviert. Bei 19 konnten die jeweiligen Verträge beendet werden. Brisant: Elf Betreuungseinrichtungen waren im Dezember 2020 bei aufrechtem Vertragsverhältnis stillgelegt; drei davon nutzte das Innenministerium als Depot. Für acht leerstehende Unterkünfte bezahlt man immer noch Miete. Und das noch sehr lange, teilweise bis zum Jahr 2030!

Keine Flexibilität

Kritisch hält der Rechnungshof nämlich fest, dass das Innenministerium an einzelne Mietverträge langfristig bis zu 15 Jahre gebunden ist. Das führt freilich zu hohen finanziellen Belastungen führte. Die Möglichkeiten sind eingeschränkt, auf geänderte Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren. Der Rechnungshof empfiehlt: Die Mietverträge zu den Betreuungseinrichtungen zu evaluieren, nach Möglichkeit nachzuverhandeln und anzupassen, um nachteilige Folgen zu minimieren.

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Noch immer keine Strategie

Die Prüfer des Rechnungshofes halten ebenfalls kritisch fest, dass das Innenministerium keinen Prozess für Krisensituationen, in denen die Asylantragszahlen innerhalb kurzer Zeit stark ansteigen, festlegte und dafür strategisch auch keine Vorsorge traf. Es konnte daher nur kurzfristig auf den gestiegenen Unterbringungsbedarf reagieren. Während der Migrationskrise 2015/16 waren unterschiedliche Organisationseinheiten des Innenministeriums für die Suche und Eignungsprüfung von Objekten eingesetzt. Zuständigkeiten waren nicht klar geregelt. Eine geeignete Strategie wäre zu entwickeln: Sowohl für ein effizientes Krisenmanagement als auch für die Beschaffung von Unterbringungskapazitäten.