
Regierung wurschtelt weiter, obwohl "Ideologie über Rechtsstaatlichkeit steht"
Obwohl Leonore Gewessler im Alleingang dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt hat, will Kanzler Karl Nehammer die Koalition mit den Grünen nicht beenden. Vizekanzler Kogler meinte zudem, dass die Grünen “es jeden Tag wieder machen würden”. FPÖ-Chef Herbert Kickl kündigt einen Misstrauensantrag gegen Gewessler an. Auch im Netz ist der Wirbel groß.
Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat gegen den Willen des Koalitionspartners sowie aller Bundesländer mit Ausnahme von Wien und Kärnten im Rat der EU-Staaten für das EU-Renaturierungsgesetz stimmte und damit für große Verärgerung gesorgt. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler warf Gewessler vorab “Verfassungsbruch” vor. Trotz ihres Alleingangs bleibt die Koalition weiterhin bestehen. “Die Emotion wäre da” für ein Koalitionsende, aber er habe “die Verantwortung als Bundeskanzler für einen geordneten Weg” bis zur Nationalratswahl zu sorgen, so Nehammer am Montagabend. Der Bundeskanzler sprach von einem “mehr als schweren Vertrauensbruch” und einem “krassen Fehlverhalten” des Grünen Koalitionspartners.
In einem Statement auf X heißt es von der ÖVP zudem: “Die Ideologie darf nicht über Rechtsstaatlichkeit gestellt werden”.
"Würden es wieder machen"
Betont gelassen reagierte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf Nehammers Aussagen. “Wir haben es uns nicht leicht gemacht”, meinte er bei einer Pressekonferenz zu Gewesslers Vorgehen. Sämtliche Schritte seien mit Gutachten untermauert worden. Und: “Wir würden es jeden Tag genauso wieder machen.” In der Regierung habe es aber schon viele schwierige Momente gegeben, so Kogler. “Und wir haben uns immer wieder zusammengerauft, aus Verantwortung für Österreich.”
Kickl kündigt Misstrauensantrag an
Weniger gelassen sieht dies die FPÖ: Nehammer lasse sich “von den Grünen am Nasenring durch die Manege ziehen”, höhnte FPÖ-Obmann Herbert Kickl, der einen Misstrauensantrag gegen die grüne Ministerin im Nationalrat ankündigte. Im Detail meinte er: “Entweder der Kanzler soll Bundespräsident Alexander Van der Bellen um die sofortige Entlassung Gewesslers bitten, oder die FPÖ stellt einen Misstrauensantrag gegen die Umweltministerin”, berichtet die “Heute”.
Das Renaturierungsgesetz ist heute angenommen worden. Es besteht der Verdacht, dass Ministerin Gewessler durch ihre Zustimmung rechtswidrig und gegen die österreichische Verfassung gehandelt hat. Für die Volkspartei ist klar: Ideologie darf niemals über Rechtsstaatlichkeit… pic.twitter.com/UcYeDFAIGk
— Volkspartei (@volkspartei) June 17, 2024
“Was wir heute sehen, ist der traurige Schlusspunkt einer ÖVP-Grünen Bundesregierung, die in den letzten Jahren vor allem gegeneinander gearbeitet hat”, meinte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler befand, dass nur seine Partei Gewessler die Zustimmung ermöglicht habe. Der ÖVP warf er vor, Österreich in Europa zu blamieren.
Heiße Diskussionen bei den Österreichern
Auch zahlreiche Österreicher können das Vorgehen von Kanzler Nehammer allerdings überhaupt nicht nachvollziehen. “Kanzler Nehammer ist womöglich der einzige Kanzler der Welt, der nach so einem “Vertrauensbruch” – wie er selbst betont – die Koalition NICHT beendet. Muss man das verstehen?”, schreibt ein User auf X.
Ein weiterer User fragt: “Ob die Reaktion von Nehammer wohl etwas mit den guten Umfrageergebnissen der FPÖ zu tun hat? Eine frühere Neuwahl würde den Freiheitlichen wohl in die Karten spielen…”. Auch auf Facebook wird heiß über die Pressekonferenz des Kanzlers diskutiert: “Nach all diesem Trubel meint Nehammer einfach, wir machen weiter? Damit wird das ganze Theater nur noch peinlicher. Probleme, wie es sie nur in Österreich geben kann”, so eine Nutzerin.
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