Kämpferische Rendi-Wagner in ZiB2: Sie will nicht an Wahldebakel der SPÖ schuld sein
Alle in der SPÖ haben Anteil an Erfolg und Misserfolg der Partei, nicht nur die Vorsitzende – so sieht Pamela Rendi-Wagner die aktuelle Lage im ZiB2-Interview. Sie selbst leiste ihren Beitrag, könne aber nichts dafür, wenn andere – Hans Peter Doskozil – nicht mitmachen. Fazit: Schuld sind die anderen, also eigentlich Doskozil.
Wenn in einer Blaskapelle einige laufend falsche Töne spielen, darf man sich nicht wundern, dass die Musik so fürchterlich klingt. Das ist – bildhaft gesprochen – Pamela Rendi-Wagners Erklärung am Montagabend für die schlechte Performance ihrer Partei. Sich selbst sieht die SPÖ-Chefin dabei weniger als Dirigentin, denn als Stabführerin. Sie marschiert voran, macht eigentlich alles richtig, kann aber nichts dafür, wenn andere hinter ihr permanent Misstöne produzieren.
In diesem Sinne stellt die Vorsitzende der Sozialdemokratie die Situation ihrer Partei in der ZiB2 dar, wie am Montagabend gleich zu Beginn des Interviews deutlich wird.
„Es ist meine Verantwortung, Parteichefin der Sozialdemokratie zu sein“
Auf die Einstiegsfrage von ORF-Moderator Armin Wolf, ob Rendi-Wagner auch selbst Anteil an den Misserfolgen ihrer Partei hat, entgegnet sie: „Man gewinnt gemeinsam, man verliert gemeinsam. Das ist in einer politischen Bewegung so. Ein gemeinsamer Erfolg braucht auch einen gemeinsamen Willen.“ Deshalb müssten die internen Diskussionen aufhören. „So gewinnt man Wahlen“.
Wolf ist nicht zufrieden: Hat Rendi-Wagner also gar keinen Anteil an den vielen Niederlagen? „Ich haben denselben Anteil wie jeder andere.“ Jeder sei für Erfolg und Misserfolg der Partei verantwortlich, „und da nehme ich mich selbst als Parteichefin überhaupt nicht heraus.“ Das erscheint Wolf als untertrieben. Er hackt nach: Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat am Sonntag Verantwortung für die Wahlniederlage in Kärnten übernommen. Könne das die Bundesvorsitzende nicht auch tun? Nein, kann sie nicht: „Es ist meine Verantwortung – die ich 2018 übernommen habe – Parteichefin der Sozialdemokratie zu sein“, antwortet Rendi-Wagner – und das ist auch unstrittig.
Die Parteichefin wirft darüber hinaus die Frage auf, ob es überhaupt die Aufgabe einer einzelnen Person sein kann, die SPÖ erfolgreich zur Wahl zu führen. Ihre Antwort: „Das bin ich, die vorangeht. Aber es braucht die Verantwortung und das Zutun aller.“
Doskozil soll mutwillig der Partei geschadet haben durch eine Umfrage
Angriffig präsentiert sich die SPÖ-Vorsitzende, als Armin Wolf auf ihr „Lieblingsthema“ zu sprechen kommt: den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Sie wartet auch mit einem konkreten Vorwurf auf: Im November habe Doskozil eine Umfrage in Auftrag gegeben, die der Partei geschadet hat, und zwar unmittelbar nach einer SPÖ-internen Sitzung zwecks Ideenfindung. Auf die Nachfrage von Wolf, ob also Doskozil die Krise der SPÖ verschuldet habe, antwortet Rendi-Wagner: „Das ist ja keine Überraschung.“
Damit wäre geklärt, wer nun derjenige ist, der laufend falsche Töne spielt.
„Die Gefahr, dass ich hinhaue, besteht nicht“
Was die SPÖ-Chefin dem burgenländischen Landeshauptmann vor allem vorhält: Er wolle keine Verantwortung übernehmen, attackiere aber aus dem Hinterhalt. „Immer nur schießen von hinter dem Vorhang, das schwächt die Partei.“
Das Wort „Verantwortung“ wird zum Schlüsselwort: Pamela Rendi-Wagner will zwar keine Schuld bei sich erkennen, im Gegensatz zu Doskozil aber Verantwortung übernehmen. In einer besonders schwierigen Phase der Partei habe sie im Jahr 2018 den SPÖ-Vorsitz angenommen, als das niemand anderer tun wollte, wie sie mehrmals festhält. Zwei Mal fällt der Satz: „Ich habe nicht aufgezeigt.“ Die Anderen seien an sie herangetreten. „Mein Plan ist, dass ich die Verantwortung, die ich übernommen habe, nicht einfach abgebe.“ Womit auch klar ist, dass sie weitermachen will. Auf die Frage, ob sie alles hinhauen will, entgegnet Rendi-Wagner: „Die Gefahr, dass ich hinhaue, besteht nicht. Darüber denke ich keine Sekunde nach.“
Impfpflicht aus damaliger Sicht richtig, aus heutiger nicht
Beim Thema „Impfpflicht“ räumt die SPÖ-Vorsitzende immerhin ein: Aus heutiger Sicht hätte man das besser lassen sollen. Von einem Fehler, den andere sozialdemokratische Politiker hier sehen, will sie aber dennoch nicht sprechen. Damals habe man eine „Notbremse für einen Notfall, der zum Glück nicht eingetreten ist“, gesucht. Heute wisse man mehr. Österreich hätte damals eine der höchsten Covid-Inzidenzen gehabt, „in drei Bundesländern war das Gesundheitspersonal überfordert“. Einen Schuldigen gibt es diesmal sehr wohl und Rendi-Wagner sagt auch wer das ist: die Regierung.
Über ihre Rolle als Oppositionspolitikerin inmitten der Corona-Pandemie scheint die SPÖ-Chefin nicht glücklich gewesen zu sein: Als Gesundheitsexperten sei es ihr „schwer gefallen, nicht in Verantwortung (sic!) zu sein“.
Fazit: Dass die internen Debatten in der SPÖ aufhören werden, damit dürfte nach diesem Interview niemand rechnen. Ob die Sozialdemokratie noch bis zur Wahl ein harmonisch zusammenspielendes Orchester wird, und ob es am Wahlabend einen Triumphmarsch oder doch einen Trauermarsch anstimmen wird – es wird sich weisen.
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