
Replik: "Spiegel" bezeichnet Kickl als "Albtraum für die Kulturszene"
Die Blau-Schwarze Regierung ist noch nicht mal angelobt, da werden schon von linken Medien Horror-Szenarien skizziert. Das deutsche Nachrichtenmagazin “DER SPIEGEL” sorgt sich etwa um die österreichische Kulturszene unter einer FPÖ-Regierungsbeteiligung. Nur warum eigentlich? Eine Replik von Anna Dobler

Dass Herbert Kickl schon bald Bundeskanzler von Österreich sein könnte, sei der “denkbar schlimmste Albtraum” für die österreichische Kulturszene, schreibt die Wiener Schriftstellerin Raphaela Edelbauer in einem Gastbeitrag in dem linken Nachrichtenmagazin “DER SPIEGEL” – natürlich in feinstem Gender-Deutsch, damit gleich klar ist, aus welcher Perspektive hier argumentiert wird.

In der Steiermark unter FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek würde sich bereits ein rigider Kurs in der Kulturpolitik abzeichnen, der Mittel von freier Kunst zu traditioneller Volkskultur umverteilen würde, warnt die Autorin. Künstler und Kulturschaffende würden daher eine landesweite Verschärfung der Förderbedingungen befürchten und reagieren mit Petitionen und Protestaktionen.
Zu befürchte sei, so die Autorin, dass die FPÖ an die “kulturfeindlichen Praktiken” Jörg Haiders anknüpfen könnte, der in Kärnten die freie Szene ausgehungert habe. Kulturpolitisch würden die Freiheitlichen auf konservative Werte setzen, etwa durch die Förderung von Künstler mit ideologischer Nähe, wie etwa Odin Wiesinger. “Was das gerade in Bezug auf ein von den Freiheitlichen selbst so vage beschriebenes Feld wie die Kunstpolitik bedeutet und wie Menschen wie ich und meine Kolleg*innen in zwei Jahren leben werden, steht freilich noch dahin. Dystopisch wird es allemal, davon bin ich überzeugt”, schreib die Autorin.
Kritik am linken Kulturpaternalismus
Diese Diskussion wirft die grundsätzliche Frage auf: Wem gehört die Kultur? Während “DER SPIEGEL” eine Dystopie heraufbeschwört, in der unabhängige Kunst zerschlagen und die Volkskultur in den Verfassungsrang erhoben wird, bleibt ein entscheidender Aspekt weitgehend unerwähnt: die Rolle des Staates in der Kulturförderung.
Im Kern stellt nämlich jede staatliche Einmischung in die Kunst eine problematische Bevormundung dar. Kunst, die sich über staatliche Förderungen definiert, wird zwangsläufig zum Spielball politischer Machtinteressen – ob von links, rechts oder der Mitte. Die Aufregung über die Umverteilung von Fördermitteln innerhalb der Steiermark zeigt vor allem eines: Wie abhängig sich große Teile der Kunstszene von staatlichen Geldern gemacht haben. Eine wahrhaft unabhängige Kunst müsste sich auf den freien Markt und freiwillige Unterstützer verlassen, statt von Steuerzahler subventioniert zu werden, die möglicherweise keinen Bezug zu dieser Kunst haben.
Die FPÖ wird zudem für ihre Betonung der Volkskultur kritisiert, doch handelt es sich dabei schlicht um eine andere Priorisierung innerhalb des staatlichen Förderungsapparats. Was unterscheidet eine Umverteilung hin zu Volksmusik und Trachtenvereinen von der bisherigen Bevorzugung zeitgenössischer Kunst? Beide Modelle maßen sich indirekt an, den “kulturellen Wert” für eine Gesellschaft zu definieren. Vielmehr sollte Kultur in einem freien Markt selbst entscheiden, was Bestand hat und was nicht – durch die freiwillige Unterstützung von Konsumenten.
Die Angst vor einer “Dystopie” in der Kulturpolitik ist daher übertrieben. Kultur ist ein lebendiges, dynamisches Gut, das sich immer wieder neuen Umständen anpasst. Künstler, die heute auf staatliche Gelder angewiesen sind, könnten durch Crowdfunding, private Sponsoren oder andere innovative Geschäftsmodelle weitaus unabhängiger und kreativer agieren. Wenn die freie Kunst tatsächlich so wichtig und beliebt ist, wie ihre Verteidiger behaupten, müsste sie auch ohne staatliche Gelder überleben – vielleicht sogar gedeihen.
Die wahren Dystopien entstehen nicht durch einen Rückzug des Staates aus der Kulturförderung, sondern durch den Glauben, dass Kunst nur durch staatliche Steuerung existieren kann.
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