Richard Schmitt: Peng! Was für eine Ohrfeige für die Politik-Schickeria
Knapp ohne Stichwahl davongekommen, das schlechteste Ergebnis aller bisherigen Amtsinhaber abgeliefert – trotz der massiven Unterstützung von Grünen, sowie von SPÖ und ÖVP: Der 78-jährige Mann in der Hofburg soll in sich gehen, seine Fehler erkennen. Van der Bellen hat eine zweite Chance bekommen.
Österreich ist eigentlich eh ganz nett – wir können verzeihen. Und wir wollen sogar mehrheitlich einem 78-jährigen Kandidaten helfen, es noch einmal (und jetzt deutlich besser) zu versuchen. Die Stabilität unseres Landes ist uns eben wichtiger als eine Abrechnung.
Alexander Van der Bellen sollte nicht zu laut jubeln: Es ist noch einmal gut gegangen. Knapp: 56 % Zustimmung. Zum Vergleich: Rudolf Kirchschläger kam bei der zweiten Wahl als Amtsinhaber auf 79,9 %, Heinz Fischer auf 79,33 %.
Auch wenn der ORF einen “klaren Sieg, wenn auch keinen glänzenden” verlautbaren lässt, dann sollte deutlich widersprochen werden: Ein Politiker, der mit der Hilfe von drei der vier größten Fraktionen auf lediglich 56 % kommt, hat nur wenig gewonnen. Alexander Van der Bellen hatte Geld (viel Geld) und die Unterstützung durch ein routiniertes Wahlkampfteam, dazu eine gute Social-Media-Crew – sowie die Unterstützung von drei Tageszeitungen und auch vieler Freunde im ORF.
Peinlich, Van der Bellens Ergebnis zum Triumph hochjazzen zu wollen.
Dem alten und neuen Bundespräsidenten half auch die Zusammensetzung der Gruppe der Mitbewerber: Gleich drei Herausforderer warben (wie manche meinen: nicht ganz ungesteuert) in der Zielgruppe der Mitte- und Mitte-Rechts-Wähler – Tassilo Wallentin, Gerald Grosz und Walter Rosenkranz behinderten sich gegenseitig.
Dazu kam, dass manche linkslastige Medien den sehr sympathischen Rockmusiker und Arzt Dominik Wlazny bewusst zugunsten des ebenso linken Amtsinhabers ziemlich schlecht behandelt haben.
Jetzt wäre es dringend nötig, dieses schwache Ergebnis von Alexander Van der Bellen nicht zu einem Triumph hochzujazzen, sondern zu reflektieren: Was lief in der ersten Amtszeit des Grünen derart katastrophal, dass ihn so viele Menschen nicht mehr wählen wollten?
Wir Österreicher sind nett. Ja, sehr nett. Und wir wollen stabile Verhältnisse. Aber auch unsere Geduld ist endlich: Machen Sie’s jetzt die nächsten sechs Jahre bitte besser, Herr Bundespräsident.
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