Rowling gegen Putin: Mrs. Harry Potter legt sich mit dem Kreml-Chef an
Wladimir Putins jüngste TV-Rede am Freitag wurde zum Rundumschlag gegen den Westen, angereichert mit immer absonderlicheren Vorwürfen. Zunächst zeichnete der Kreml-Chef das Bild einer umfassenden Kampagne gegen Russland und seine Kunst, so es es einst die Nazis getan hätten. Der Höhepunkt kam jedoch zum Schluss: Da verglich Russlands Präsident seine Situation doch glatt mit der von Bestseller-Autorin Joanne K. Rowling.
Die Schöpferin von “Harry Potter” war nämlich in den vergangenen Jahren mehrmals Opfer diverser Shitstorms im Internet gewesen, unter anderem wegen ihrer Kritik an der Cancel Culture und an Transgender-Aktivisten.
Doch Rowling lässt diese Vereinnahmung nicht auf sich sitzen. Sie kontert dem Kreml-Chef umgehend.
"Kampagne wie unter den Nazis vor 90 Jahren"
Immer extremer und wirklichkeitsfremder mutet zurzeit die russische Kriegsrhetorik an. Der Westen versuche das tausend Jahre alte russische Reich zu zerstören, erklärte Putin im Fernsehen. Im Westen herrsche eine weit verbreitete Russophobie.
“Tschaikowsky, Schostakowitsch, Rachmaninoff werden aus den Konzertprogrammen genommen. Russische Schriftsteller und ihre Bücher werden verboten. Das letzte Mal, dass durch eine Kampagne missliebige Literatur verboten wurde, das war bei den Nazis vor 90 Jahren”, erklärte der Präsident gegenüber den Medien am Freitag.
Russland zurzeit ein "Hafen der Toleranz"
Tatsächlich wurden einige Künstler in den vergangenen Wochen ausgeladen, die sich nach Ansicht der Veranstalter nicht oder zu wenig von Putin und seinem Krieg in der Ukraine distanziert haben. Doch Konzerte mit russischer Musik wurden bisher kaum abgesagt.
Zuletzt gipfelte Putins Rede in einem geradezu aberwitzigen Vergleich: “Sie haben kürzlich Joanne Rowling – die Kinderbuchautorin, ihre Bücher werden auf der ganzen Welt veröffentlicht – ausgegrenzt, nur weil sie eine andere Meinung zur Genderthematik hatte. Sie versuchen jetzt, unser Land abzuschaffen. Ich spreche von der fortschreitenden Diskriminierung von allem, was mit Russland zu tun hat.”. Während J. K. Rownling “Opfer” der “Cancel Culture” wurde, sei Russland heute ein “Hafen der Toleranz”, erklärte Putin.
Wer Zivilisten und Oppositionelle verfolgt, ist kein glaubwürdiger Kritiker
Das konnte die Harry-Potter-Autorin denn doch nicht so auf sich sitzen lassen. Auf Twitter konterte sie umgehend, und zwar mit Putins “Lieblingsfeind” Alexei Nawalny. Sie postete einen Artikel über den inhaftierten russischen Oppositionspolitiker und bemerkte nicht ohne ironischen Unterton: “Kritik an der westlicher Cancel Culture wird möglicherweise nicht am besten von denjenigen geübt, die zurzeit Zivilisten wegen des Verbrechens des Widerstands abschlachten oder ihre Kritiker inhaftieren und vergiften.”
Critiques of Western cancel culture are possibly not best made by those currently slaughtering civilians for the crime of resistance, or who jail and poison their critics. #IStandWithUkraine https://t.co/aNItgc5aiW
— J.K. Rowling (@jk_rowling) March 25, 2022
Der Hintergrund: Rowling hatte sich in der Vergangenheit mehrfach gegen die Gleichstellung von Transfrauen mit Frauen ausgesprochen. Das hatte ihr viel Kritik und untergriffige Attacken eingebracht, vor allem in sozialen Medien.
PS: Allerdings hat sich Rowling auch nie für die Verfolgung von homosexuellen Paaren und Transgender-Menschen wie in den vergangenen Jahren unter Putin ausgesprochen. Sämtliche Trans-Menschen und gleichgeschlechtliche Paare sind mittlerweile aus Russland geflohen und haben ihrem Heimatland den Rücken gekehrt.
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