Russland-Experte besorgt: Auch über die Ukraine wird weniger Gas exportiert
Seit Montag 6 Uhr fließt für zehn Tage kein Gas mehr über die Nord-Stream-1-Pipeline nach Europa. Prekär: Anstatt den Ausfall durch verstärkte Lieferung über das ukrainische Leitungsnetz zu kompensieren, kommt auch auf diesem Weg nun weniger nach Europa.
Der österreichische Politikwissenschafter und Russland-Experte Gerhard Mangott schlägt auf Twitter Alarm. Der Gasfluss aus Russland über die Ostsee-Pipeline Nord-Stream-1 fiel am Montag wie angekündigt auf Null. Gleichzeitig kommt auch über das ukrainische Netz der Gazprom eine Million Kubikmeter weniger Gas bei uns an.
Bislang hat Gazprom den Gasdurchfluss durch das krainische Leitungsnetz nicht nur nicht erhöht (um die ausbleibende Versorgung durch Nord Stream 1 während der Wartung auszugleichen). Heute wurde sogar erneut um 1 Million m3 weniger über die Ukraine exportiert.
— Gerhard Mangott (@gerhard_mangott) July 11, 2022
Gazprom kürzte Gaslieferungen an OMV um 70 Prozent
Der russische Staatskonzern Gazprom hat der OMV nach Beginn der Nord-Stream-1-Wartung die Liefermengen weiter gekürzt. Die OMV erhalte heute, Montag, um rund 70 Prozent weniger als nominiert, sagte OMV-Sprecher Andreas Rinofner. Zuletzt, seit Mitte Juni, hatte Gazprom ungefähr die Hälfte der bestellten Menge geliefert.
Wieviel tatsächlich geliefert wird, steht erst in zwei Tagen fest
Ob die Gasspeicher trotz der Lieferkürzungen weiter befüllt werden können, hänge auch vom jeweiligen Tagesverbrauch und dem Zukauf am Spotmarkt ab, so der Sprecher. Die tatsächlich gelieferten Mengen und wie viel davon eingespeichert wurde, stehen erst ein bis zwei Tage später fest.
21. Juli ist kritisches Datum
Der kritische Zeitpunkt sei die geplante Wiederinbetriebnahme der Pipeline, die für den 21. Juli geplant sei. “Niemand kann heute prognostizieren, ob die Lieferungen danach vollumfänglich wiederaufgenommen werden. Der 21. Juli ist deshalb ein kritisches Datum für die Gasversorgung in ganz Europa”, betonte Gewessler.
Wobei Nord Stream 1 für die direkten Gaslieferungen nach Österreich nur eine untergeordnete Rolle spiele. “Österreich wird vorwiegend über das Leitungssystem über die Ukraine beliefert. Trotzdem wird durch den vollständigen Lieferausfall über Nordstream 1 aufgrund der Wartungsarbeiten auch in Österreich ein deutlicher Lieferrückgang erwartet”, heißt es in der Aussendung.
Was passiert, wenn Nord Stream 1 dauerhaft dicht bleibt?
Unmittelbar würde es wohl nicht zu einem Gasmangel in Deutschland kommen. Zu dem Ergebnis kommen Modellrechnungen der Bundesnetzagentur. Aber: Deutschland könnte seine Gasspeicher vor der Heizperiode nicht so weit auffüllen, wie angestrebt. Außerdem könnte es den Berechnungen zufolge ohne Gas aus Lubmin im Winter unter Umständen zu einer Mangellage kommen. Eine jüngere Diagnose von mehreren deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten kommt dagegen zum Schluss, dass auch im ungünstigsten Fall heuer kein Gasengpass mehr drohe und im kommenden Jahr auch nur in eher ungünstigen Szenarien.
Davon unabhängig würde ein andauernder Lieferstopp die Preise wohl weiter steigen lassen. Die von den gedrosselten Lieferungen betroffenen Unternehmen müssen diese schon jetzt zu deutlich höheren Preisen anderweitig am Markt beschaffen. Auch private Verbraucher müssen sich laut Bundesnetzagentur auf deutlich steigende Gaspreise einstellen. Man unterstütze ausdrücklich die Aufforderung, so viel Gas wie möglich einzusparen.
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