Schläft unsere Regierung? Noch immer keine Reisewarnung und Reaktionspläne für die Ukraine
Europa hält den Atem an! Tausende ausländische Unternehmer, NGO-Mitarbeiter und Diplomaten fliehen aus der Ukraine – eine russische Invasion steht laut Geheimdiensten unmittelbar bevor. Brisant: Von Österreichs Außenministerium gibt es nicht einmal eine offizielle Reisewarnung.
Schon in wenigen Stunden könnte die Lage völlig eskalieren. Stimmen die angeblich durchgesickerten Warnungen der CIA an die europäischen Bündnispartner, dann läuft bereits der Countdown zum ersten großen Krieg in Europa seit 76 Jahren.
Die niederländische Airline KLM hat als erste europäische Fluggesellschaft ihre Flüge in die Ukraine eingestellt. Weitere könnten folgen. Das erhöht die Panik unter den Tausenden Ausländern, die derzeit verzweifelt versuchen, noch rechtzeitig aus dem Land fliehen zu können. Schließlich hat US-Präsident Joe Biden sehr deutlich gemacht, dass es keine Rettungsaktionen durch US-Truppen geben werden, sollte Russland in der Ukraine einmarschieren.
"Auf alle nicht notwendigen Reisen verzichten"
Aus Österreich gibt es keine explizite Reisewarnung. Doch es wird zu Vorsicht geraten: “Aufgrund der durch die russischen Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine ausgelösten Spannungen wird zurzeit von allen nicht unbedingt notwendigen Reisen in die Ukraine abgeraten”, schreibt das Außenministerium. Alle Reisenden und Auslandsösterreicher in der Ukraine sollen sich online registrieren (https://auslandsregistrierung.bmeia.gv.at) und die Entwicklung der Lage in den Medien aufmerksam verfolgen. Für die Gebiete Donezk und Luhansk sowie für die Halbinsel Krim besteht zudem unverändert eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5).
Fünf Millionen Flüchtlinge drohen
Dass man im offiziellen Österreich augenscheinlich nicht besonders gut auf die drohende Eskalation vorbereitet ist, könnte angesichts der drängenden Fragen fatal werden. Von Wien bis Uschgorod, das gleich hinter der ukrainischen Grenze liegt, sind es nur 600 Kilometer – nur die Slowakei und Ungarn liegen als Länder zwischen Österreich und der nun bedrohten Nation. Die “Washington Post” zitiert jetzt für eine deutliche Warnung Quellen aus dem US-Verteidigungsministerium und aus dem Geheimdienst: Sollte tatsächlich eine russische Invasion der Ukraine stattfinden, würden bis zu fünf Millionen Menschen vor den Armeen Putins Richtung Westen flüchten – eXXpress berichtete.
Abzug aus Botschaften aller Welt
Zum Vergleich: Großbritannien und Deutschland forderten ihre Staatsbürger zum zügigen Ausreisen aus der Ukraine aus. Ähnliche Aufrufe gab es von Dänemark, Lettland, Estland, Israel, den Niederlanden, Jordanien, Italien, Spanien, Schweden, Belgien, Luxemburg sowie Australien und Neuseeland. Litauen bat alle seine Bürgerinnen und Bürger in der Ukraine zu überdenken, ob ihre Anwesenheit im Land wirklich notwendig sei. Die Türkei rät ihren Staatsbürgern, nicht in die Ostukraine zu reisen.
Polen rief seine Staatsbürger, die sich in der Ukraine aufhalten, auf, sich auf einem Portal der Regierung zu registrieren und alles für eine mögliche Abreise bereitzuhalten, teilte das Außenministerium in Warschau am Samstag mit. Auch die Slowakei riet von Reisen in die Ukraine ab. Die Familien der Mitarbeiter der diplomatischen Vertretungen in der Ukraine würden abgezogen, hieß es aus dem Außenministerium in Bratislava.
Tschechien warnte sowohl vor Reisen in die Ukraine als auch nach Belarus und empfahl seinen Bürgern, diese Länder möglichst zu verlassen. Auch die Familien der tschechischen Diplomaten in Kiew sollen aus der Ukraine abreisen.
Auf Energieausfälle vorbereitet?
Eine weitere dringende (unbeantwortete) Frage ist, wie gut Österreich auf mögliche Ausfälle in der Energielieferung vorbereitet ist. Und auch inwieweit man etwaige Sanktionen mittragen will, scheint noch nicht geklärt. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) machte zwar zuletzt deutlich: Es gebe einen Konsens unter den Mitgliedstaaten und dazu zähle auch Österreich. Ein “Bild bemerkenswerter Einigkeit” unter den EU-Staaten mit Blick auf Sanktionen gegen Russland hätten hochrangige EU-Beamte und Diplomaten aus fünf EU-Ländern gezeichnet, berichtete auch der Blog “Politico”. Sie hätten aber auch eingeräumt, dass “bei der Abschätzung der Kosten, die jedes EU-Land im Falle von Sanktionen zu tragen hätte, Differenzen zutage traten – wobei sich alle Quellen über zwei besonders zurückhaltende Länder einig waren: Österreich und Ungarn“.
Sanktionen gegen Putin: So hart treffen sie Österreichs Banken
Großes Interesse daran, keine Sanktionen gegen Russland zu verhängen, haben nicht zuletzt die Banken. Italien, Frankreich und Österreich sollen die exponiertesten Geldgeber sein. Auch Banken in Osteuropa wären von einem russischen Einmarsch betroffen. “Wir hoffen, dass man Lösungen findet und Gespräche von beiden Seiten konstruktiv geführt werden, und dass dieses bedrohliche Szenario bald endet – ohne Konflikte”, sagte Raiffeisen-Bank-International-Chef Johann Strobl. “Alles, was man jetzt machen kann, ist, sich auf solche möglichen Entwicklungen vorzubereiten. Das tun wir.”
Rund 115 Millionen Euro hat die RBI für etwaige Sanktionsrisiken bereits budgetiert.
Allein auf das Russland-Geschäft entfallen 474 Millionen Euro an Gewinn nach Steuern, auf die Ukraine 122 Millionen. Werden diese Märkte erschüttert, sei das sehr schmerzhaft, aber nicht fatal, heißt es aus dem Konzern.
Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, drohen die USA unter anderem mit einem Ausschluss Russlands aus der sogenannten “Society of Worldwide Interbank Financial Telecommunication”, kurz Swift. Das weltweit größte Finanz-Transfernetz, das von rund 11.000 Banken zur Abwicklung von Transaktionen genutzt wird. Folgenlos ist so ein Ausschluss nicht und allein die Ankündigung dessen brachte schon erste Konsequenzen mit sich. Die italienische Unicredit hat deshalb ihr eigentlich zugesagtes Kaufangebot für die russische Bank Otkritie nun doch nicht offiziell gelegt.
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