
Serbien in Aufruhr: Nach Rücktritt des Premiers könnten Neuwahlen kommen
Serbien kommt seit Monaten nicht zur Ruhe. Nach dem Einsturz eines Bahnhofs mit 15 Toten im November, sind vor allem die Studenten auf die Barrikaden gestiegen. Sie fordern den Rücktritt von Präsident Aleksandar Vucic und der Regierung. Nach mehreren Ministern hat nun auch Premier Milos Vucevic die Reißleine gezogen.

Nach monatelangen Anti-Korruptions-Protesten serbischer Studenten hat Regierungschef Milos Vucevic heute eingelenkt und seinen Rücktritt angekündigt. Der Premier begründete seinen Schritt mit einem Vorfall gestern Abend in der Stadt Novi Sad. Ein Schlägertrupp der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) hatte mehrere Studenten mit Baseballschlägern misshandelt und zum Teil schwer verletzt.
Er habe seine Entscheidung dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic erklärt dieser habe sie akzeptiert. Vucevic war erst seit Mai des Vorjahres im Amt. Die serbischen Medien betrachteten ihn stets als treuen Erfüllungsgehilfen von Staatschef Vucic, der alle wichtigen Entscheidungen im Land allein trifft.
Die Proteste der Studenten wurden durch den Einsturz des Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad ausgelöst, bei dem am 1. November des Vorjahres 15 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt wurden. Unter den Toten waren auch zwei Kinder.
Vorwurf der Inkompetenz und Korruption
Was für viele Serben in diesen Zusammenhang himmelschreiend ist, ist der Umstand, dass der Bahnhof erst kurz zuvor renoviert worden war – mit tatkräftiger Beteiligung Chinas. Belgrad ist mit Peking wirtschaftlich eng verbandelt.
Die Teilnehmer der Proteste werfen der Regierung seither Inkompetenz, Korruption und die Verschleppung von Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der Katastrophe von Novi Sad vor. Die Studenten halten seit November die wichtigsten Universitäten des Landes besetzt, wiederholt ist es in den vergangenen Monaten zu Demonstrationen und Straßenblockaden gekommen. Heute Vormittag etwa endete die 24-stündige Blockade eines wichtigen Autobahnknotens in Belgrad.
Die serbische Bevölkerung begegnet den Studenten mit viel Sympathie. Anwälte, Mittelschüler, Universitätsprofessoren und Landwirte schlossen sich ihren Forderungen an. Diese richten sich vor allem an die Adresse von Aleksandar Vucic und zielen nicht zuletzt auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen ab.
Beobachter sprechen inzwischen von der schwersten Legitimitätskrise, mit der sich Vucic konfrontiert sieht, seitdem er 2012 – in wechselnden Funktionen – zum allmächtigen Politiker des Landes aufgestiegen ist. Nach dem Rücktritt von Premier Vucevic fordert die Opposition nun eine Übergangsregierung, der Ruf nach Neuwahlen wird landesweit auch immer lauter.
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